Am 16. Oktober 20 düste ich mit meinem Motorgefährten CEEDrik schon wieder nach Freiberg. Natürlich war ich in Sachen Mission Bühnenrand auf Tour. Im auch als Kreißsaal der PUHDYS bekannten „Tivoli“ spielten an diesem Abend im großen Saal CÄSARs Söhne Robert und Moritz mit ihrer Band APFELTRAUM.
Auch bei diesem Konzert diktierte leider Corona wieder die Regeln. Die Mitarbeiter des Tivoli haben aber schon umfangreiche Erfahrungen im Umgang mit den Viren. Dadurch waren die Schutzmaßnahmen genau richtig dosiert und die Einschränkungen auch erträglich. Die Einrichtung mit Tischen und Stühlen, Maskenpflicht auf den Wegen vom oder zum Sitzplatz usw. sind wir ja auch schon gewöhnt.
Mein Bauchgefühl hatte vorher ein mittelprächtig gefülltes Haus prognostiziert. Ich habe ja etwas mehr Bauch, deshalb ist mein Bauchgefühl auch so ausgeprägt 😉 Aber zum Konzertbeginn war der Saal doch recht gut besucht. Schön, dass ich mich da m Vorfeld etwas getäuscht hatte.
Wir hatten zwei Zweiertische in der ersten Reihe in Beschlag genommen. Wir waren in diesem Fall Melli, Tina, Dietmar und ich. Es ist immer wieder schön mit „alten“ Freunden unterwegs zu sein. In dieser angenehmen Gesellschaft verging die Zeit bis zum Konzertbeginn bei Schmaus und Plausch wie der Wind.
Mit dem altbekannten Playback-Einspiel des Liedes „Zeitlos“ von CÄSARs gleichnamigen Album aus dem Jahr 2005 wurden Band und Publikum langsam auf die nächsten zwei Stunden eingestimmt.
Bei Cäsars warmer, dunkler Stimme und seinem unverwechselbaren Gitarrenspiel meldeten sich sofort die Narben auf meiner Seele. Dieser Song wurde zum Beispiel auch an diesem grauen Novembertag im Jahr 2008 während der Trauerfeier für Peter „Cäsar“ Gläser auf dem Leipziger Südfriedhof gespielt. Damals heute ich wie ein Schlosshund. Aber das ging dort nicht nur mir so.
Bei den letzten Klängen dieses gefühlvollen Songs kamen Robert Gläser, Moritz Peter Gläser, Big Joe Stolle, Mauro Pandolfino sowie Christian Gerhardt auf die Bühne und nahmen ihre angestammten Arbeitsplätze ein.
Der Kahn der fröhlichen Leute namens APFELTRAUM legte mit Besatzung und Passagieren ab und nahm sofort Fahrt auf. Wie eine unter Volllast stapfende Dampfmaschine eröffnete die RENFT-Nummer „Was mir fehlt“ (Text: Gerulf Pannach) den Reigen bunter Melodien aus CÄSARs Musikerleben. Mit „Aber ich kanns nicht verstehen“ (Text: Kurt Demmler) wurde dann auch die Geschwindigkeit gleich erhöht. Immer wieder bemerkenswert und schön ist der Satzgesang des Ensembles.
Die Band hat im Laufe der letzten 5 Jahre zwar auch schon eine gewisse Routine entwickelt, aber es war deutlich zu spüren, dass dieses Konzert für APFELTRAUM in Zeiten von Corona auch Fesseln lösend und befreiend war. Insofern fiel diese Mugge für Musiker und Fans auch etwas aus dem vorgefertigten Rahmen. Die Freude auf und vor der Bühne war riesengroß.
So ein APFELTRAUM-Konzert ist immer auch eine Art Zeitreise für mich. Da rauschen die Jahrzehnte und die damit verbundenen Erinnerungen ziemlich geballt an einem selbst vorbei. Mehr als 40 Jahre Musikhistorie verbunden mit eigenem Erleben und Erinnern können schön und schmerzhaft zugleich sein. Manche würden dazu vielleicht auch bittersüß sagen.
„Lieb ein Mädchen“ mit Moritz Gläser an der Akustikgitarre und am Gesangsmikro war der erste Ausflug des Abends in CÄSARS KARUSSELL-Zeit und ins seichtere Balladengewässer. Herrlich diese Nummer mit dem schönen DEMMLER-Text, da geht einem doch immer das Herz auf. Übrigens hat das Lied seinerzeit der leider auch schon verstorbene KARUSSELL-Basser CLAUS WINTER komponiert.
Roberts nächste Ansage leitete zu GERULF PANNACH und zum Lied „Mitternachtsblues“ über. CÄSAR hatte diesen Song auf seiner Scheibe „CÄSAR-Die Zweite“ gemeinsam mit GERULF interpretiert.
PANNACH machte leider 1998 den Anfang mit der Liste der vorzeitig aus dem Leben geschiedenen RENFTler. Die Krankheiten waren unerbittlich und sie holten nach und nach noch PETER „PJOTR“ KSCHENTZ (2005), KLAUS RENFT (2006), HEINZ PRÜFER (2007, allerdings durch Verkehrsunfall), PETER „CÄSAR“ GLÄSER (2008) und zuletzt MARCUS SCHLOUSSEN im Jahr 2019. Texter KURT DEMMLER schied freiwillig aus dem Leben.
PANNACH war Freund, Texter und Kollege der Kapelle RENFT. Viele Lieder, welche wir an diesem Abend von APFELTRAUM hörten, trugen seine Texthandschrift. Ich nenne da mal als Beispiele „Ich und der Rock“, „Der Apfeltraum“ und „Als ich wie ein Vogel war“.
GERULF PANNACH und KURT DEMMLER schrieben der Band die Worte, Zeilen und Verse damals auf dem Leib. Auch die Texter hatten einen gehörigen Anteil am Erfolg von RENFT beim Publikum.
Die APFELTRAUM-Band rockte und rollte, dass es eine Freude war. Sie gaben den ganzen Liedern den bekannten musikalischen Rahmen, fügten diesen aber auch eine gehörige Portion eigener Ideen bei. Die Hits blieben selbstverständlich deutlich erkennbar, aber sie hatten einen zeitgemäßen „APFELTRAUM-Touch“.
Der treibende Bass von „Im Bauch des Riesen“ aus CÄSARS ROCKBAND-Zeiten elektrisiert mich immer wieder neu. Ich liebe diese Nummer einfach. Außerdem ist der Text auch heute noch brandaktuell, leider. Moritz singt dieses Lied auch mit dem gebotenen Feingefühl.
Ich weiß nicht mehr genau, an welcher Stelle des Konzertes Robert den Schlachtruf „Gebirge, Gebirge, Erzgebirge“ in den Saal schleuderte, aber gleich danach stimmte er heimliche Nationalhymne der Erzgebirgler, nämlich das „Steigerlied“ („Glück auf, Glück auf. Der Steiger kommt…“) an. Das im Saal versammelte textsichere Bergvolk stieg augenblicklich ein und sang lautstark alle Strophen dieses Liedes. Da zollten die Musiker dem Publikum anschließend gerne ihren Respekt.
Unterm Hut bewies Big Joe Stolle sein Können an den Bluesharps, am Gesang und an der Gitarre. Seine Interpretationen von „Whisky“, „Wiegenlied für Susann“ und „Mein Bruder Blues“ sine eine feste Band im Programm von APFELTRAUM. Den absoluten Gipfel erklomm er aber mit „Als ich wie ein Vogel war“ im Zugabenteil. Das war wieder ganz stark.
Robert, die alte Rampensau und gleichzeitig auch unser geliebtes Bass-Tier, zelebrierte wieder großartig die Lieder „Cäsars Blues“ und „Gelber Mond“. Auch seine gefühlvolle Interpretation von „Besinnung“ im Zugabenblock war wieder erste Sahne.
Beim „Gänselieschen“ stellte die Band das Publikum noch mal auf die (Gesangs-)Probe. Das war für die Fans aber eine der leichtesten Übungen. Dass sich eine Horde sangesmutiger Fans trotzdem noch steigern kann, war dann bei „Der Apfeltraum“ festzustellen. Da bewies man Ausdauer und Sangesfreude.
Natürlich durfte „Wer die Rose ehrt“ an diesem musikalischen Ehrenabend für PETER „CÄSAR“ GLÄSER nicht fehlen. Mit „Besinnung“ und ein par Sekunden des Innehaltens im Anschluss endete die Mugge von APFELTRAUM im Tivoli zu Freiberg. Wenige Minuten später rollte ich mit meinem treuen CEEDrik bereits aus der Stadt.
Gruß Kundi
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