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Wenzel in Freiberg

in Konzertberichte 2020 und 2021 27.06.2020 20:18
von PMausM | 1.820 Beiträge | 3861 Punkte

Freiberg anstatt Kamp

Es hätte so schön sein können, für die Band und für die Fans. Vorige Woche stand das traditionelle Konzert am Hafen in Kamp für Hans Eckard Wenzel an. Es fiel ins Wasser. Auch ein Nachholetermin am 01.08. wurde nicht genehmigt. Aber nun kommt die gute Nachricht. Profitiert haben davon die Wenzel Fans in der tiefsten sächsischen Provinz. Anstatt in Kamp spielte Wenzel in Freiberg im Tivoli.

Ich fand es klasse, dass es Wenzel nun ins Tivoli verschlagen hatte, konnte so mein Kulturhunger nach 4 Monaten konzertloser Zeit gestillt werden.
Freiberg, dort leben die ganz mutigen Veranstalter. Sie sind Vorreiter und die Resonanz auf die gestrige Veranstaltung im Tivoli gibt ihnen Recht. Während andere noch jammern, macht Freiberg einfach los. Sie wollen ja auch Anfang September das Stadtfest nachholen sowie schon im August City auf dem Obermarkt spielen lassen.

Nun bin ich kein dreijähriges Kind, was sich die Decke über den Kopf zieht und meint, hu hu das Problem ist weg. Schutz vor dieser bekloppten Krankheit und Kulturveranstaltungen müssen sich nicht ausschließen. Das hat Herr Säurich, der Chef des Tivoli, gestern eindrucksvoll demonstriert.

Ich hoffe, meine Corona warn App bleibt weiter im Modus Untätigkeit.

Es waren eigentlich nur kleine Veränderungen, die diese Veranstaltung perfekt machten. Es wurden ca. 60 Vierertische mit dem vorgegebenen Abstand gestellt. Die Konzertbesucher wurden sogar gefragt, ob sie bereit sind, mit weiteren zwei Menschen am Tisch zu sitzen. Sah gut aus im Saal, es war nämlich ausverkauft. Eigentlich hatte ich mit Flatterband und nervigen Ansagen zu: Das darfst du nicht… gerechnet. Nix dergleichen. Eine weitere Veränderung sollte auch in Zeiten beibehalten werden, wenn man Corona endlich im Griff hat. Der Einlass war 17.30 Uhr mit Hinweis auf die Angebote der Gastronomie des Tivoli. Man konnte in Ruhe das gepflegte gastronomische Angebot nutzen und sich mit den bekannten Erste Reihe Fans austauschen. Ganz nebenbei gab es beim Einlass dadurch auch keine Massenaufläufe. Der gemeine Puhdysfan kennt das dort ganz anders.

Als wir im Einlassbereich nach unseren Masken kramten, kam der freundliche Hinweis, das brauchen sie hier nicht.
Die Menschen im Tivoli waren auch sehr vernünftig, bildeten keine Haufen und hielten sich an den Abstand.

Wenzel startete mit der lustigen Ansage in seine „Lebensreise“: Vor vielen Jahren haben die Puhdys hier angefangen, wir fühlen uns nach 4 Monaten auch als Anfänger. Seinen Mitspielern merkte man auch an, wie heiß sie auf einen Neustart waren. Seine bewährte Band besteht aus Tommy Karawallo an der Gitarre, dem brillanten Stefan Dohanetz ( auch Pankow) am Schlagzeug, dem langjährigen Spielgefährten Hannes Scheffler, der im Gegensatz zu den Mitspielern nicht grau wird und dem Trompeter Yael Fiuza Souto, der relativ neu in der Band ist. Gerade diesen Musiker sehe ich als absolute Bereicherung. Ich mag den Balkansound der Band.

Wenzel und Band spielten mit der Lebensreise ein Best of Konzert. Ich kann die vielen Titel nicht aufzählen, die reine Spielzeit betrug fast drei Stunden. Da kann viel unter das Volk gebracht werden. Hans Eckard Wenzel sieht sich selbst als Autor, Musiker, Komponist und Narr. In dieser Rolle haben wir ihn vor einem Jahr in Chemnitz mit Mensching erlebt. Dort gab er den Clown, im Tivoli eher den Wortakrobat und Jongleur. Er ist immer ein Mann, der was zu sagen hat und das Publikum hört aufmerksam zu und das nicht nur bei seinen Bestsellern. Die „Lebensreise“ ist seine vorletzte CD. Inzwischen wartet die Fangemeinde auf „Wenn die Reisigfeuer brennen“ (Wenzel uns Samtblech), die im Juli erscheint. Der Künstler zählt zu den Fleißigen und bringt im Durchschnitt 2 CD im Jahr raus.

So richtig die Ahnung, es geht wieder los, hatte ich bei „Ahoi, Ahoi“ und bei „Überall die gleiche Scheiße“. Das Parkett des Tivoli begann zu schwingen. Wie hatte ich das Gefühl in den letzten 4 Monaten vermisst? Politisch völlig inkorrekt in den Corona Zeiten sangen die Zuschauer begeistert mit. Lieber Spaß als Mitleid. Für unser Mitleid können sich die Künstler nichts kaufen, mit unserem Eintrittsgeld schon.

Mit dem Kamper Trinklied, Schöner Lügen und natürlich dem neuen „Corona, Corona“ eroberte er die Herzen der Zuschauer. Das Corona Lied hatte mich schon im März auf YT erreicht. Es ist ein übelster Ohrwurm. Wenzel spielte ihn im Anfangsteil des Programms. Ich frohlockte schon, diesmal hat sich der Ohrwurm bei mir nicht so festgebissen. Aber der Künstler musste noch eins draufsetzen. Zum Schluss spielte er noch mal das Corona Lied, abgeleitet von Marina, Marina. Was soll ich euch sagen, es hat gereicht. Heute früh hab ich wieder einen Ohrwurm und ich singe: Ich sitz in der Quarantäne und pfeif durch meine Zähne…

Mit dem Wunsch, dass die Blödheit in diesem Land nicht noch weiter fortschreitet, verabschiedet sich Wenzel vom Publikum.

Am Merchandise Stand gab es allerlei. Mein Mann entschied sich nicht für eine CD sondern für das Heftchen mit der „Kamenzer Rede“ aus 2020 über die zerfaserte Gesellschaft.
Normalerweise teilt uns Wenzel seine Befindlichkeiten als Liedermacher mit, hier hält er eine vielbeachtete Rede und analysiert mit scharfer Zunge unsere Gegenwart. Das Heftchen hat der große Meister sogar noch für meinen Mann signiert. Fünf gut angelegte Euro.

Wie kann ich dem Tivoli jetzt ein Kompliment für den Neubeginn machen? Ich sage mal, es war ganz normal. Mehr wollen wir nicht.

Angefügte Bilder:
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#2

RE: Wenzel in Freiberg

in Konzertberichte 2020 und 2021 28.06.2020 00:36
von Kundi | 3.250 Beiträge | 7335 Punkte

Was für ein schöner Muggen-Neubeginn für das TIVOLI und auch für unsere Petra nach dem lähmenden Lockdown.
Ich freue mich sehr für das ehrenwerte Haus und auch für unsere rasende Reporterin aus dem Striegistal, dass es wieder losgeht.
Man sieht am Beispiel Kreißsaal der PUHDYS, dass mit Mut, Übersicht und dem richtigen Konzept auch in Corona-Zeiten erfolgreiche Veranstaltungen möglich sind.

Herzlichen Dank für diesen schönen Bericht aus erster Hand, liebe Petra.

Gruß Kundi

P.S.: Ich habe mich übrigens riesig gefreut, euch gestern im Elbtal an der Weinbergkirche Pillnitz endlich wieder mal von Angesicht zu Angesicht bei einer Mugge zu sehen. Zu diesem Nachmittagskonzert
gibt es in den nächsten Tagen mehr.


zuletzt bearbeitet 28.06.2020 00:47 | nach oben springen

#3

RE: Wenzel in Freiberg

in Konzertberichte 2020 und 2021 29.06.2020 16:28
von Holger | 259 Beiträge | 706 Punkte

Petra, vielen Dank für den schönen Bericht. Seine Kamenzer Rede ist wirklich sehr beachtenswert. Und hier zeigt sich auch wieder seine große Vielseitigkeit. Wir waren im letzten Herbst live dabei. Eine brechend volle St. Annenkirche, das war schon beeindruckend. Und er hat auch viele Offizielle beeindruckt, daß man Wenzel auch gleich zu einem Konzert für den April eingeladen hat. Ist natürlich auch den bekannten Widrigkeiten der letzten Wochen zum Opfer gefallen.
Aber im November ist sein alljährliches Meissen-Konzert geplant, da werden wir ihn hoffentlich in diesem Jahr wenigstens einmal live erleben.

zuletzt bearbeitet 29.06.2020 17:45 | nach oben springen


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