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Ziemlich aktuelles Interview mit CHRISTIAN HAASE von GRIT MAROSKE

in Bands, Musiker, Musikstile 09.08.2018 20:30
von Kundi | 3.250 Beiträge | 7335 Punkte

Mit freundlicher Genehmigung der Autorin Grit Maroske aus Hoyerswerda und des Musikers Christian Haase dürfen wir nachfolgendes Interview hier veröffentlichen. Herzlichen Dank, liebe Grit und lieber Christian

Christian Haase ist deutscher Liedermacher und Rockmusiker, der schon mit elf Jahren seine ersten Songs schrieb und komponierte. Christian Haase singt seit 2010 in der Band „Die Seilschaft“ als Nachfolger des verstorbenen Liedermachers Gerhard Gundermann und lebt mit Frau und Kind abwechselnd in Berlin und auf Sizilien. Er tourt seit 2000 erfolgreich mit „haase & band“ und hat inzwischen 10 CDs und Alben veröffentlicht. Am 07. September erscheint „Die Korrektour live“.

Haase ist...

ein fast philosophisches Gespräch mit Christian Haase, Sänger der Seilschaft – Die Band von Gundermann (geführt nach dem Konzert auf der Jakubzburg in Mortka am 20.07.2018)

Christian, vielen Dank, dass du dir die Zeit nimmst. Lass uns etwas probieren. Ich stelle dir 10 ganz kurze Fragen, und du antwortest so spontan wie möglich, ohne groß darüber nachzudenken. Bereit?

Christian Haase: (Lacht) Oh, das ist schwierig, ich muss ja immer erst überlegen, welche die richtige Antwort ist. Aber okay, lass uns das versuchen.

G.M.: Ich denke, auf diese Fragen gibt es keine richtigen oder falschen Antworten. Du solltest nur möglichst intuitiv assozieren, was dir zu den Stichworten einfällt.

Christian Haase: Klingt spannend, leg los.

G.M.: Musik ist...?

Chr. H.: Musik ist eine Brücke zwischen den Inseln der Individuen. Jeder Mensch lebt ja irgendwie auf seiner eigenen Gefühlsinsel und treibt zwischen all den anderen Gefühlsinseln der anderen Menschen umher. Musik ist da etwas, was sehr verbindend ist. Gerade in der heutigen Zeit, wo viele Leute so schreien, so laut sind, um andere von ihren Meinungen zu überzeugen und nicht mehr so gut zuhören können, ist Musik ganz wichtig, denn in den Konzerten stehen ja die unterschiedlichsten Menschen zusammen und hören wieder zu und kommen darüber auch ins Gespräch.

G.M.: Zukunft ist...?

Chr. H.: Zukunft ist Fremdzeit. Diesen Begriff habe ich aus dem Norwegischen, und er gefällt mir sehr. Eine fremde Zeit, mit der ich mich bekanntmachen kann, die noch ganz offen ist für viele Möglichkeiten. Das ist etwas, was mich sehr beruhigt, der Gedanke, dass es da eine Zeit gibt, die ich noch nicht kenne und die noch vor mir liegt und in der ganz viel passieren kann, die ich meistern kann.

G.M.: Familie ist...?

Chr. H.: Manchmal anstrengend! (lacht laut) Darf man das so sagen? Nein, ich muss das erklären. Wir hatten letztens so ein Familienfest bei uns. Alle waren da, die ganze riesige Familie, meine Freundin, Kind, meine Mutter, Freunde... es war ein furchtbares Gewusel. Man macht sich schon Tage vorher so viele Gedanken, was man einkaufen muss, um alle satt zu bekommen und kauft dann natürlich viel zu viel ein. Und dann rennt man den ganzen Tag herum und versucht, sich um alles zu kümmern und um alle glücklich zu machen und das kann schon anstrengend sein. Und irgendwann sagte meine Mutter zu mir: Junge, jetzt setz dich doch mal hin, entspann dich und trinke was mit den anderen. Ich mach das schon. Und genau das ist Familie. Das ist das Schöne daran. Die Familie lässt dir immer das, was du zu einem guten Leben brauchst. Ohne die Unterstützung meiner Familie hätte ich dieses schöne Leben nicht.

G.M.: Die Seilschaft ist...?

Chr. H.: ...meine Gewißheit, dass Wünsche ans Universum Wirklichkeit werden. Du weißt ja, dass ich eher widerstrebend und unbeabsichtigt zu Gundermann gekommen bin. Ich kannte ihn ja leider nicht persönlich und habe ihn auch nie live gesehen, ich war einfach zu spät dran. Irgendjemand hat mir mal anonym eine CD von Gundermann in den Briefkasten gesteckt und mir geschrieben, „den musst du dir mal anhören!“. Na ja, und das habe ich dann gemacht, und dadurch wurde ich gundifiziert. Mir gefiel das, was ich da hörte, und irgendwann habe ich dann auch einige seiner Lieder gespielt. Ich dachte: „Mann, das wäre einfach das Größte, mit diesen phantastischen Musikern von der Seilschaft wenigstens einmal gemeinsam auf der Bühne stehen und das spielen zu dürfen.“ Und nun sind wir hier und machen das schon acht Jahre und es ist immer noch ein Wunder.

G.M.: Deine größte Sehnsucht ist...?

Chr. H.: Mit meinem Opa am Meer sitzen und Stoni trinken.

G.M.: Warum ist genau das so eine große Sehnsucht?

Chr. H.: Weil mein Opa leider schon tot ist. Weißt du, mein Opa hatte jahrelang so eine Kneipe, und da müssen die immer Stoni getrunken haben. Stonsdorfer, das war so ein legendärer Ost-Schnaps, den gab es wohl auch schwer zu kaufen, und er konnte stundenlang Geschichten darüber erzählen, was da alles so passierte, wenn sie Stoni kippten.

Überhaupt: mal am Meer sitzen. Vielleicht mit meinem Kind. Ihm zusehen, und das einfach nur genießen. Oder: ganz alleine. Sich mal selber wieder denken hören. Was meinste du, sind die Gedanken dann andere, wenn man alleine da sitzt? Also nicht einsam, sondern einfach nur mit sich allein? Da kommen einem bestimmt Sachen in den Kopf, für die man sonst keine Ruhe hat. Ja, vielleicht mache ich das mal. Allein am Meer sitzen und Stoni trinken... danke für die gute Idee.

G.M.: Erwachsensein ist...?

Chr. H.: Mehr Kind zu sein als im Erwachsenwerden. Weißt du, man hat so viel mehr Möglichkeiten, so viel mehr Freiheiten. Das finde ich toll- diese Freiheit, immer wieder Entscheidungen treffen zu können.

G.M.: Womit könnte man dir eine richtig große Freude machen?

Chr. H.: Wenn ich mit einem kalten Gin Tonic in einem riesigen Pool liegen könnte, und alle, die wollen, könnten einfach dazukommen. Weißt du, alle die Lust hätten wären eingeladen, und manche müssten dann auch unbedingt kommen. Mein Opa zum Beispiel. Das stelle ich mir schön vor.

G.M.: Reichtum ist...?

Chr. H.: Sich keinen Kopf um Geld machen müssen. Man ist so viel freier, wenn man sich keine Sorgen machen muss, ob man die Miete bezahlen oder sich was zu essen leisten kann. Aber das Geld ist nichts wert, wenn man mit niemandem teilen kann, wenn man keine Liebsten hat, die man damit umsorgen und denen man davon abgeben kann. Ein Zuhause haben, teilen können, jemanden zum Lieben haben, das ist für mich Reichtum.


G.M.: Deine größte Angst ist...?

Chr. H.: Meine größte Angst ist, sterben zu müssen. Vor allem, zu jung zu sterben. Ich glaube, es ist immer zu früh. Und ich kann mir das überhaupt nicht vorstellen, dass das hier dann alles aufhört. Dass dann nichts mehr da ist. Dass ich nicht mehr da bin und die Welt sich einfach weiterdreht. Dieser Gedanke macht mir schon Angst.

G.M.: Stell dir vor, du könntest für einen Tag „König von Deutschland“ sein. Was würdest du tun? Was würdest du ändern?

Ch.H.: Hmmm, schwierig. Nur ein Tag, aber ich könnte alles machen, was ich will?

G.M.: Ja. So sind die Bedingungen.

Chr. H.: Okay. Dann würde ich mir zuerst mal einen Nachfolger suchen. Einen weisen Mann, der nach mir regiert. Der müsste ein guter Zuhörer sein und genau aufpassen, was das Volk so äußert. Er müsste die Fähigkeit haben, Leid zu empfinden, wenn es anderen nicht gut geht, er sollte das nachfühlen können. Er müsste einen langen Geduldsfaden haben, aber nicht zu lang. Also er sollte schon wissen, das manche Dinge Zeit brauchen, aber er sollte sich auch nicht hinhalten lassen, wenn etwas dringend geändert werden muss. Mein Nachfolger, der sollte dann auch gute Berater haben, auf die er auch hört, die richtig fachkundig sind. Und er sollte die Fähigkeit haben, eigene Entscheidungen zu treffen, wenn diese nötig sind. Kann natürlich auch eine weise Königin sein! Ich würde gern auch eine weise Königin in diesem einen Tag suchen und finden und dann einsetzen.

Christian Haase schaut in mein Notizbuch. „Das waren aber jetzt elf Fragen... wenn man deiner Numerierung glauben kann.“ „Nein, es waren nur zehn Fragen, ich habe nur die erste Frage weggelassen und durch eine andere ersetzt.“
Chr. H.: „Aber warum? Was war falsch an der ersten Frage? Wie lautete die denn?“
G.M.: „Ich habe sie weggelassen, weil mit einfiel, dass „Bist du glücklich“ nicht unbedingt die Frage ist, die man einem Musiker direkt nach so einem tollen Konzert stellen sollte, wenn er noch voller Euphorie ist.“
Haase lacht. „Aber ich möchte diese Frage auch beantworten. Geht das? Mach doch einfach 11 Fragen daraus.“

G.M.: Hier also meine letzte Frage: Bist du glücklich?

Chr. H.: Erstaunlicherweise bin ich sehr oft glücklich und die Zeit dazwischen meistens zufrieden. Glück ist ja so etwas wie eine Gefühlsspitze, wie der Berggipfel, auf dem man steht, und dann geht es wieder so ein kleines bisschen bergab. Und diese Phase zwischen den Berggipfeln, das ist Zufriedenheit, und je älter man wird, um so mehr weiß man Zufriedenheit zu schätzen.

Zufriedenheit ist das bessere Glück. Ja, schreib das so auf. Das haben wir sehr schön herausgearbeitet. Das ist ein guter Schlusssatz.

G.M.: Vielen Dank für das Gespräch.

Chr. H.: Ich danke dir für dieses interessante Interview. Das hat mir Spaß gemacht. Danke.

Kundi: Lieben Dank euch beiden für dieses außergewöhnliche Interview und auch noch mal lieben Dank für die Genehmigung es hier veröffentlichen zu dürfen[


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#2

RE: Ziemlich aktuelles Interview mit CHRISTIAN HAASE von GRIT MAROSKE

in Bands, Musiker, Musikstile 11.08.2018 23:44
von Mary | 327 Beiträge | 726 Punkte

GENAU DAS..., ist eben HAASE


"Ihr lacht weil ich anders bin. Ich lache, weil Ihr alle gleich seid."
Kurt Cobain
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