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TIEFBLAU von Johanna Holembowski
TIEFBLAU von Johanna Holembowski
in CD-, DVD- und Buchveröffentlichungen 12.04.2014 08:59von HH aus EE • | 1.042 Beiträge | 2522 Punkte
Tiefblau – eine poetisch musikalische Reise (2013) 11.04.2014
Kompositionen, Texte, Instrumente und Stimmen: Johanna Holembowski
1) Wellen brechen 2) Muscheln sammeln 3) Mein König (Lied) 4) Nichts ist Nichts 5) Blaue Blume
6) Fremde (Lied) 7) Fratze 8) Eine Träne 9) Bleiches Grau 10) Die Trophäe (Lied) 11) Stille
12) Der letzte Ritt (Lied) 13) Die Schärfe des Schwertes 14) Gib mir deine Hand (Lied) 15) Süße Illusion
16) Auf dem Meeresgrund 17) Die Zeit verrinnt 18) Dein Traum 19) Tiefblau (Lied) 20) In See stechen
Es ist eine Geschichte, die wahrscheinlich genau so alt ist, wie es die Menschen gibt, die sie sich seit tausenden von Jahren immer wieder in den unterschiedlichsten Varianten zu erzählen wissen: „Das Herz eines Kriegers, dessen Liebe einst der blauen Königin galt, liegt gespalten auf dem Meeresgrund. Als er noch ein Junge war, ist ihm die wunderschöne Frau am Strand erschienen und hat ihm eine blaue Blume geschenkt. Nun ist er geplagt von der Annahme, dass sie seinen Vater getötet haben soll. Hätte er doch auf ihn gehört! Stets hat ihn sein Vater gewarnt vor der schönen Unbekannten aus dem Meer! Was soll er nun glauben, wem kann er vertrauen?“ Dahinter steckt die alte Frage, wie eigentlich entscheidet man richtig im Leben? Was ist wichtiger, Vertrauen oder Vernunft? Zu allen Zeiten haben Menschen versucht, darauf eine gültige Antwort zu finden.
Irgendwo in den blauen Wellen des Meeres, zu dessen Rauschen zart ein Piano erklingt, beginnt diese Geschichte. Leise und bezaubernd, so wie man das „Wellen brechen“ im Ohr oder in seiner Erinnerung hat, betörend und einfühlsam und dann kommt der Bruch. Hier beginnt die Geschichte und hier muss man auch beginnen, ganz genau hinein zu hören: „Junge, man braucht ein Ziel!“, hatte ihm der Vater mit auf den Weg gegeben. „Ihm glauben oder ihr?“
Braucht man eigentlich so ein Ziel und sei es nur, zum „Muscheln sammeln“, als so eine Art von stiller Lieblingsbeschäftigung, bei der man das Rauschen der Wellenbrecher im Ohr hat und seine eigenen Gedanken, die einem flüstern? Manchmal auch die Stimme der blauen Königin, die ihm, dem Krieger, zuflüstert: „Mein König“. Die mir davon erzählt, hat eine Stimme, beinahe wie Kristall, so klar. Da singt sie diese kleinen Melodietupfer und das Spiel der Tasten beginnt, den Hörer zu entführen. Langsam, einfühlsam, aber sehr eindringlich.
Zugegeben, ich habe einen ziemlich langen Anlauf gebraucht, um mich in diese „poetisch musikalische Reise“ der JOHANNA HOLEMBOWSKI vertiefen zu können. Man legt eine CD ein und erwartet, beinahe zwangsläufig, Musik zu hören. Vorzugsweise Rock oder Folk-Musik. Es kann aber auch anders sein und dann merkt man bald, dass Zuhören mehr ist, als einfach nur hinhören. Plötzlich hat das Wort, statt der Musik, das Sagen und dann ist es auf einmal, als bekäme man ein Märchen erzählt, gespielt und gesungen. So beginnt man, in die Geschichte einzutauchen, malt sich eigene Bilder in den Kopf, die zu den Worten passen und man folgt den Tönen anders, weil sie Teil der eigenen Bilder werden. Der Sohn, ein Krieger, sein Vater und die blaue Königin haben plötzlich Gesichter. Meine Gesichter.
Wer sich jetzt selbst Zeit und Ruhe schenkt, dem Spannungsfeld, das JOHANNA HOLEMBOWSKI mit Piano, Wort und Gesang aufbaut, zu folgen, wird alsbald in eine Gedanken- und Gefühlswelt entführt, die märchenhaft scheint und so wahrgenommen wird, aber manchmal sehr nah dran an dem ist, was in uns selbst einmal stattfand oder immer noch da ist. Man lausche in „Nichts ist Nichts“. Fast jeder hat so eine „Blaue Blume“, die an so eine große Liebe erinnert, die man hatte, niemals erreichte und sie deshalb so herrlich verklärt, aber sich selbst dabei auch in Zweifel verstrickt. So jedenfalls erleben wir den Krieger, der von nun an zwischen der blauen Königin und dem Vater schwankt, der auch schon mal das Bild von der „Männer fressenden Frau“ bemüht, um seinen lieben Sohn vor der „Fratze“ des Bösen zu „schützen“. Mir ist, als würde ich den Sohn ebenso wie den Vater (in mir) erkennen.
An dem Tag, als der Krieger die Nachricht vom Tod seines Vaters erhält, wird aus dem tiefen Blau des Wassers ein „Bleiches Grau“, das einfach nur „rauscht, wie ein leeres Tonband“. Was für ein unheimlich faszinierender Vergleich, ausgesprochen von einer jungen Frau, als Vertreterin einer Generation, die dieses Tonbandgerät und das Rauschen des Bandes, das sich am Tonkopf vorbei bewegt, aus eigenem Erleben gar nicht kennen kann! Solche Augenblicke gibt es mehrere und jedes Mal bin ich baff. Es ist auch der Moment, da der Krieger in seinem Stolz nicht erkennt, dass er selbst als Sohn der Vater ist, der Vater den Sohn in sich nicht erkennt. Mich ganz persönlich hat genau dieses Geflecht von Worten und Tönen, das auch Teile meines eigenen Lebens, beinahe detailgetreu, beschreibt, überrascht und tief berührt.
Und immer wieder ist es eine ganz typische Melodie, vom Piano gespielt, die das Erzählen begleitet. So auch in der „Stille“, die tatsächlich still wirkt: „Hallo!“ –
Der Hörer kann beinahe am eigenen Leib die Zweifel spüren, die Fragen fühlen, denen der Krieger sich mit der „Stille“ konfrontiert sieht und es folgt der Blick zurück. Wie ein leiser Pop-Song bohrt sich „Der letzte Ritt“ in die Ohren: „Der Durst nach dir, Vater, ist mein Verderben.“ Nur selten ist mir so ergreifend die Sehnsucht nach dem eigenen Vater, in Worte gefasst, poetisch und als Klang, geboten worden und die Zweifel am eigenen Sein, wie sie „Die Schärfe des Schwertes“ ausdrückt, auch. Wir erleben das Zerren der blauen Königin und des Vaters am Sohn, dem Krieger, symbolisiert durch perlende Pianotupfer, die in eine Melodie münden, die wiederum jedem Hörer schon aus seinen Kindertagen bis zum Erwachsensein noch immer nachklingt. Wieder so ein magischer Moment und der Hörer möge sich überraschen und danach von dem Lied „Gib’ mir deine Hand“, beinahe in Jazz-Modus gehalten, aufmuntern sowie in „Süßer Illusion“ treiben lassen. Nicht alles, was wir tun, muss im ersten Moment „vernünftig“ erscheinen. Vieles kann auch einfach nur dem Herzen entspringen, sagt uns diese blaue Königin. Andere sprachen oder sprechen anders zu uns, mit dem Verstand. Doch wie ist es richtig?
Er ist gesprungen, hat vertraut, er ist gesunken und nun liegt er „Auf dem Meeresgrund“, der Krieger, mit seinem gespaltenen Herzen, dem Vater einerseits und der blauen Königin anderseits, zugetan. Diesen Zustand kann man mit dem Lied „Die Zeit verrinnt“ gut nachvollziehen. Nun ist er endlich bei seiner Königin, doch „Dein Traum“ bringt ihn auch den Vater zurück, als Traum oder als eigenes Erkennen. Das ist unheimlich stark umgesetzt. „Tiefblau“, der Song vom „Stirb und Werde“ schließt den Kreis des Suchens und des Findens, des Fragens und der unvollständigen Antworten und „in der Tiefe erlischt das Licht“, einfach so. Die CD endet mit dem Aufbruch, dem „In See stechen“, mit einem reiferen Blick vielleicht, ohne für das Kommende eine endgültige Antwort vermitteln zu wollen.
Mag sein, dass einem manchmal ein Wort etwas holprig vorkommt, vielleicht aufgesetzt wirken kann, wenn man danach zwischen den Zeilen sucht. Doch eigentlich werden die kleinen Holperer, wenn man sie denn wirklich spürt, völlig nebensächlich im Fluss dieser Geschichte vom „Tiefblau“, die JOHANNA dem Hörer erzählt und singt. Vom ersten Moment an hänge ich an dieser Stimme, ihrem Klang und dem Wechsel der Emotionen, die von ihr ausgehen. Respekt, darauf war ich nicht vorbereitete, aber sie hat mich von Beginn an gefangen genommen. Sie lädt den Hörer mit leichter Hand zu einer Reise ein, die mir beim Hören zuweilen vorkam, wie eine Reise in mein eigenes ICH, vorgeführt von einer, die noch nicht einmal das Alter meiner eigenen beiden Kinder erreicht hat. Manchmal scheinen mir die Parallelen so deutlich, dass ich eine kleine Pause machen und wieder beginnen muss. Eine knappe Stunde Märchen (59:46) und wieder auch nicht. Die eigene Fantasie verwischt die Grenze und das hat sie der Erzählkunst und dem Gesangsstil der Autorin, Erzählerin und Künstlerin zu verdanken. Das darf man getrost Kunst nennen.
Es gibt eine Menge Dinge im Leben, die als Fragen, statt als Antworten in uns rumoren und deren Streit wir zuweilen wahrnehmen. Folge ich nun dem gesellschaftlichen Drängen nach einer großen Karriere oder eher dem tiefen Wunsch, innerlich erfüllt und in Liebe zu genießen? Geht gar beides und WIE? Die kleine poetisch musikalische Reise der JOHANNA HOLEMBOWSKI will darauf auch gar keine Antwort geben, aber sie deutet an, dass es so etwas wie einen Mittelweg geben könnte, den jeder für sich selbst finden kann. Vielleicht ist es die Ausgewogenheit zwischen dem, was die „Vernunft“ uns lehren will und dem, was als wilde Sehnsucht in unseren Herzen drängelt? Unterschiedlich in jedem von uns und mit vielen Möglichkeiten verknüpft: „Lass’ es uns einfach mal riskieren, wir können nur die Angst vor der Liebe verlieren.“
In allen Zeiten haben Menschen versucht, darauf eine gültige Antwort zu finden und haben vielleicht doch nur immer wieder neue Fragen in neuen Zeiten gefunden. Das Rauschen des Meeres und das „Tiefblau“ werden auch dann noch sein, wenn wir längst gegangen sein werden. Vielleicht werden die nach uns wissen, ob wir nur vernünftig, nur liebevoll oder gar, wider alle Vernunft, noch ganz anders waren. Diese Frage allerdings, so glaube ich, geht wohl ein wenig über das „Tiefblau“ hinaus, hat sich mir aber unweigerlich aufgedrängelt. Ob jeder diesen Gedanken fortsetzen möchte, mag jeder auch für sich selbst entscheiden. Auf jeden Fall aber kann man all das, und noch viel mehr, im „Tiefblau“ der JOHANNA HOLEMBOWSKI entdecken. Es lohnt sich, so oder so!
DANKE meinem Freund HCM, der mir „Tiefblau“ einfach „aufgedrängelt“ und mir so ein wenig mehr (blaue) Tiefe geschenkt hat. Mir würde von jetzt an, als Sohn und Vater gleichermaßen, etwas fehlen.
www.mein-lebensgefuehl-rockmusik.de
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