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Joe's Daddy, Sully & Friedrich Krügel 03.02.18 Kunsthof Mockethal
Joe's Daddy, Sully & Friedrich Krügel 03.02.18 Kunsthof Mockethal
in Konzertberichte 2019 und älter 08.02.2018 20:15von Kundi • | 3.250 Beiträge | 7335 Punkte
Am vergangenen Wochenende besuchte ich nach längerer Zeit wieder mal den Kunsthof Mockethal am Stadtrand von Pirna. Diese Enklave der Kleinkunst im eher dörflich geprägten Ortsteil Mockethal wird mit viel Herz und Ideen von Ute und Jörg Nitzsche sowie dem von ihnen ins Leben gerufenen Verein TonArt mit künstlerischen Leben erfüllt. Gäste aus nah und fern können hier vielfältige Kulturangebote von der Lesung, über Malerei, Vorträge, Workshops bis hin zu Konzerten hautnah erfahren bzw. genießen.
Ich fahre eigentlich gerne dorthin. Ute und Jörg sind nette Menschen und ihre Programmaktivitäten treffen nicht selten meinen Musikgeschmack. Manchmal machen mich die Konzertankündigungen von TonArt Pirna auch einfach neugierig.
Außerdem ist der Gedankenaustausch mit Gleichgesinnten, egal ob Besucher oder Künstler, in so einer Oase der Kleinkunst auch nicht zu verachten. Ich habe auf diesem Kunsthof schon tolle Konzerte erlebt. Nebenher (aber nicht nebenbei) habe ich dort meine Gedanken mit Musikern sowie Besuchern ausgetauscht und insgesamt schöne Stunden verbracht. Na gut, die Bratwurst vom Grill bei den open air-Konzerten in der warmen Jahreszeit ist auch nicht zu verachten.
Dieses Grundstück mit der Adresse 01796 Pirna, Am Rundling 20 finde ich mittlerweile auch ohne technische Navigationsunterstützung. Diesmal warteten der Wahl-Dresdner Uwe Kotteck (als Musiker in dieser Gegend besser als Joe's Daddy bekannt) und seine Mitstreiter Michael "Sully" Kaemmer und Friedrich Krügel dort auf mich.
Den seit mehr als 20 Jahren in der Livemusikszene von Dresden und Umgebung umtriebigen und bekannten Musiker Joe's Daddy habe ich schon mehrmals erlebt mit seinen verschiedenen Projekten bzw. musikalischen Angeboten erlebt. Er tritt ja sowohl solo als auch mit einigen Bands/Projekten (LIEDANEI, PIGS ON THE WINGS) und gerne auch mit Gastmusikern auf. Der Mann lebt einfach Musik und er opfert seinen musikalischen Geschmack nicht dem Zeitgeist oder irgendwelchen Trends. Er spielt das, was er mag und auch so wie er es möchte. Trotzdem oder vielleicht auch gerade deswegen trifft er die Ohren, den Verstand und die Herzen seiner Zuhörer, auch immer wieder meine.
Kotteck merkt man seine Musizierfreude, seine Leidenschaft, seine künstlerische und menschliche Geradlinigkeit und Ehrlichkeit auch an. Er ist ein Künstler, welcher mit ganz wenigen Mitteln die Menschen niveauvoll einen ganzen Abend lang sehr gut unterhalten kann und der dabei selbst auch Freude empfindet. Kotteck erfindet sich als Musiker immer wieder neu. Starre Routine würde ihn selbst langweilen, auch deshalb vermeidet er sie. Er spielt seine Lieder bei jedem Auftritt etwas anders, und/oder umgibt sich auch gerne mit verschiedenen Gastmusikern, die mit ihren Instrumenten den Sound auch etwas voller machen und verändern.
Aus meinen Zeilen kann man sicher herauslesen, dass ich den ursprünglich aus Leipzig stammenden Kerl mit seiner Mütze mag. Er hat einfach dieses Feuer in sich, welches ich bei Künstlern spüren möchte und menschlich liegen wir auch in vielen Dingen relativ nah bei einander. Der Typ ist ganz und gar nicht abgehoben, sondern ein Mensch wie du und ich.
Die für das Konzert vorgesehene gute Stube des alten Pferdestalls war gut beheizt. Behagliche Wärme machte sich in den vier Wänden breit. Es war zudem noch Zeit für den einen oder anderen Schwatz. Die Musiker hatten ihre Instrumente ebenfalls schon in Stellung gebracht und sie hatten dabei auf elektrische/elektronische Unterstützung verzichtet. Die 3 Herren hatten also wirklich alle Stecker gezogen und spielten an diesem Abend tatsächlich unplugged. Auch lichtmäßig wurden Uwe, Sully, und Friedrich nicht groß in Szene gesetzt. Ein kleiner Scheinwerfer und eine gewöhnliche Stehlampe waren die einzigen Lichtquellen.
Alles war bestens vorbereitet, das Konzert wurde im Vorfeld auch ordentlich auf verschiedenen Kanälen bis hin zu Tageszeitung beworben. Trotzdem verirrten sich an diesem kalten Winterabend kaum Besucher in den Kunsthof Mockethal. Da meckern die Leute manchmal, dass nichts los ist in ihrem Kaff, aber wenn es quasi vor der eigenen Haustür eine mit Herz und Liebe vorbereitete Veranstaltung vor der eigenen Haustür gibt, bleiben sie daheim an ihrem Fernsehsessel kleben. Das ist nicht immer zu verstehen.
Andere Musiker und Veranstalter hätten unter diesen Voraussetzungen das Konzert vielleicht abgesagt. Das taten die Crew des Kunsthofes Mockethal und das Musiker-Trio jedoch nicht. So kamen wir in den Genuss eines ganz besonderen Gigs in familiärer Wohnzimmeratmosphäre. Joe's Daddy (Uwe Kotteck), Michael "Sully" Kaemmer und Friedrich Krügel spielten sich sprichwörtlich den Arsch ab für uns und mir war es dann bald völlig Ritze, dass wir nur ein ganz kleiner Kreis begeisterter Zuhörer waren. Die Mugge war sowas von gewaltig, dass ich sie nur in den höchsten Tönen loben kann. Die Männer agierten sogar als würden sie gerade vor hunderten Zuhörern den wichtigsten Auftritt ihres Lebens absolvieren.
Joe's Daddy setzte mit "Lebensfrei" und "LE" (LE steht bekanntlich Leipzig) Zwei eigene Lieder an den Beginn dieses Konzertes.
Der feine Sound, welcher sich im Raum entfaltete, haute einen fast um. So ganz aller elektrischer bzw. elektronischer Kinkerlitzchen beraubt, baute sich in den Ohren ein Klanggemälde auf, welches seinesgleichen sucht. Nichts war mit Mischpult, Verstärkern, Lautsprechern, Mikrofonen, hochgeregelt oder heruntergedreht. Kein Hall und keine künstlich verzerrten Töne überlagerten oder veränderten die ursprüngliche Melodie. Das alte Schlagwort "weniger ist manchmal mehr" hatte in diesem Fall seine absolute Berechtigung. Das war reinste und feinste Akustikmusik. Ob die Experten und musikalischen Schubladen-Befüller das jetzt nun Akustikrock, Akustikfolk oder weiß der Geier wie noch bezeichnen würden, interessiert mich nicht die Bohne. Für mich war's geile Mugge.
Uwe war nicht nur optisch oder musikalisch mit Gitarre und Stimme der Mittelpunkt dieses musikalischen Feuerwerkes. Er hielt auch den Laden des Ablaufes und des Programminhaltes fest in der Hand. Joe's Daddy hatte sich für diesen Abend ein besonderes Programm zusammengestellt, welches eigentlich einen Querschnitt seiner musikalischen Aktivitäten und Programme der letzten Jahrzehnte darstellte. Lediglich seine Vergangenheit als reiner Countrymusiker ließ er hierbei außen vor. Nach seinen Worten war das auch nur eine kurze Geschichte.
Kotteck verbreitete keine Hektik und Aufregung, sondert er sorgte ruhig und umfassend für ein angenehmes Musikerlebnis.
Uwe Kotteck's Gesangsstimme, seiner Gitarre bildeten bei jeden Lied natürlich den Grundstock. Bei einigen Liedern, wie zum Beispiel "Good to see You" von Neil Young griff er auch schon mal zur Mundharmonika. Übrigens erklärte er uns auch, dass er sich von anderen Künstlern sehr gerne eher selten gespielte und nicht so oft gespielte Lieder für seine Interpretationen ausborgt.
Mich begeisterte auch das virtuose, gefühl- und phantasievolle Zusammenspiel von Joe's Daddy mit seinen Kollegen Michael "Sully" Kaemmer (Lapsteel-Gitarre) und Friedrich Krügel(Kontrabass). Was die Männer für Klänge produzierten, jagte mir zeitweise wohlige Schauer über den Rücken.
Sully und seine Dobro-Resonatorgitarre erzeugten wunderschöne und selten so gehörte Töne, die die Trommelfelle jubeln und die Seele Purzelbäume schlagen ließen. Der Mann begleitet sonst den Blueser Lutz "Kowa" Kowalewski bei seinen Auftritten. Mit andern Musikern wie zum Beispiel Jens Spontan oder Stefan Johansson war er auch schon zu erleben.
Friedrich steuerte volle und warme Tieftöne bei. Die meisten Lieder begleitete er mit der Zupftechnik der Finger wie beim Rock'n Roll oder jazz übrig. Lediglich zum Ende des Konzertes griff er bei einem oder zwei Liedern zum Bogen, um damit über die Saiten zu streicheln. Krügel gehört unter anderem sonst zum New Town Swing Orchestra und er ist auch Mitglied von Axel Stiller und Verstärkung.
Die SLADE-Nummer "Far, far Away" war schon schön anzuhören. Aber da ging noch einiges mehr. Der große amerikanische Country-Sänger JOHNNY CASH coverte einst den BRUCE SPRINGSTEEN-Song "Further on Up The Road". An diese tolle Version lehnte sich auch die Interpretation von Jo's Daddy an. Alter Falter, in diese Klänge hätte ich mich am liebsten für einige Zeit eingewickelt wie in ein Netz.
Doch auch das war noch gar nichts gegen die ursprüngliche Disco-Rock-Hymne "I was made for Lovin You'" von KISS. Daraus machten die Jungs so eine herrliche Sache, dass man wirklich Mühe hatte, die ursprüngliche Version damit noch in Zusammenhang zu bringen. Weltklasse! Das konnte der Verstand gar nicht richtig verarbeiten, denn dieses neue Geflecht aus swingender und rhythmischer Ballade sorgte kurzzeitig für einen Totalausfall meiner biologischen Denkfabrik.
"Night in White Satin" von MOODY BLUES erhielt auch ein neues schickes musikalisches Gewand verpasst. Da konnten die beiden auch gespielten Lieder des ehemaligen CCR-Sängers John Fogerty ("Joy of my Life" , "Deja Vu all over again") nicht ganz mithalten. Aber bei diesem Urteil mögen auch meine persönlichen Vorlieben eine Rolle spielen.
Nach einer Pause wurde war kein musikalischer Einbruch zu verzeichnen. es ging munter weiter mit dem Reigen bunter Melodien. Zunächst bediente sich Joe's Daddy bei sich selbst. Mit "Eitelkeit", "Wellenreiter" und "Der Phönix" erklangen gleich drei seiner eigenen Lieder am Stück. Das sind alles ganz feine Songs. Aber "Der Phönix", dieser legendäre Feuervogel, der sich selbst verbrennt um aus seiner eigenen Asche wiederaufzuerstehen hat mich seit meiner ersten Begegnung mit diesem Lied regelrecht gepackt. Durch Jo'e Daddy hat die Feuervogel-Legende fast ein neues zu Hause bekommen. Dieses Lied und dieser Legenden-Vogel mit seinem Untergang und seiner Wiedergeburt stehen für mich auch irgendwie für die Höhen und Tiefen des Lebens, für das gelegentliche Hinfallen und trotzdem immer wieder Aufstehen. Ja, wollte ich am liebsten schreien, ja ich stehe auch wieder auf, denn auch ich bin ein Phönix. Dieses Lied ist in den letzten zwei oder drei Jahren meine persönliche Kampfansage an die Widrigkeiten des Lebens geworden.
"Gras", Keine Zeit mehr", "Schwarze Galeere" - inzwischen waren wir bei GERHARD GUNDERMANN angekommen. Damit rannte der Herr Kotteck wieder mal offene Türen (bzw. ganz große offene Scheunentore) bei mir ein. Er interpretierte diese Perlen (ost-)deutscher Liedkunst sehr feinfühlig und schön. Als eifriger Mitsinger muss man sich an einigen Stellen aber vom Original-Gesang etwas lösen, da Uwe die Lieder zum Teil in einer etwas anderen Sprachrhythmik singt.
Etwas PINK FLOYD-Musik umspülte unsere Ohren mit "Brain Damage" und "Comfortable Numb". Da bekam ich gleich wieder Bock auf mehr solcher Akustikversionen von PINK FLOYD-Werken und damit auf Kotteck's Band PIGS ON THE WING. ich beschloss zum wiederholten Male den Tourplan der Kapelle im Auge zu behalten.
Das Ende des ganzen Konzertes erlebte ich beinahe wie im Fieber. Ich war vor lauter Begeisterung wie im Rausch. Neudeutsch könnte man alternativ auch schreiben, dass ich total geflasht war.
Ganz herzlichen Dank an Ute und Jörg vom Kunsthof Mockethal sowie an Uwe, Sully und Friedrich, dass sie den Abend durchgezogen haben und noch dazu so schön. Ich ziehe meinen Hut und verbeuge mich vor euch.
Gruß Kundi
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