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Wolf Maahn 15.12.17 im Manitu Forst (Bericht von Tom's Daddy)
Wolf Maahn 15.12.17 im Manitu Forst (Bericht von Tom's Daddy)
in Konzertberichte 2019 und älter 19.12.2017 20:21von Kundi • | 3.250 Beiträge | 7335 Punkte
Unser Freund Tom's Daddy (Jens Kurze) hat uns diesen schönen Bericht zwecks Veröffentlichung geschickt.
Ganz lieben Dank dafür.
Maahn-Sinn im Manitu (15. Dezember) Forst/Lausitz
Das Jahr 2017 neigt sich dem Ende entgegen. Ich konnte nur ganz wenige live-Konzerte besuchen - zum einen, weil mein neuer Job viel Zeit und Nerven kostet, zum anderen, weil mein eigener Muggenkalender vor allem in den Sommermonaten doch erfreulich gefüllt war. Aber das ich in einem einzigen Jahr einen der für mich wichtigsten deutschen Musiker gleich zweimal live erleben durfte - das hat schon was!
Wolf Maahn benannte 1982 seine „Foodband“ in „Deserteure“ um und meldete sich mit dem gleichnamigen Album in der deutschen Rockmusik nachhaltig zu Wort. Ich wurde 1984 auf ihn aufmerksam, als er mit dem Album „Irgendwo in Deutschland“ auch „in meinem kleinen Land, in dem ich aufgewachsen bin, das es jetzt aber nicht mehr gibt“ (Zitat Falkenberg) Fans gewann. „Ich wart auf dich“ vom „Kleine Helden“-Album 1986 hörte ich erstmals live in der Version der Gruppe Drei (Carsten, ich vermisse deine Stimme!) - und seit dieser Zeit war ich dem „Maahn-Sinn“ verfallen und begann, mich intensiver mit seinen Liedern und seiner Art des Songwritings zu beschäftigen.
Ich mag Wolfs Art, mit Bildern zu spielen, Gefühle zuzulassen oder manche Dinge kurz und knapp auf den Punkt zu bringen und Haltung zu beziehen. Die Melodien sind schnell erfassbar, bleiben im Ohr, ohne zu nerven. Okay, es trifft nicht jeder Song zu hundert Prozent meinen Nerv, aber das ist in der umfangreichen Bibliothek überhaupt nicht tragisch. Aber Wolf Maahn ist nicht stehen geblieben, seine Konzerte sind keine Weihrauch-Oldie-Show. Konsequent bringt er Alben auf den Markt, und genau so konsequent werden sie von den Medien nahezu komplett ignoriert - eigentlich unverzeihlich! Wenn ich einen Song von ihm in meinen Programmen spiele liegen die Reaktionen zwischen „Kenne ich nicht“ und „Was, denn gibts noch?“...
Am 25. März diesen Jahres fuhr ich nach Dresden und sang gemeinsam mit vielen Fans im Tante Ju erst einmal für Wolf ein Ständchen, denn der Meister hatte an jenem Tag Geburtstag. Im Januar war das live-Album „LIVE & SEELE“ erschienen, und nun tourten Wolf & Band damit. Ich war nicht ganz zufrieden mit diesem Abend, keine Ahnung warum, obwohl es eine schöne Mischung von Klassikern und aus Songs dem aktuellen Studioalbum „Sensible Daten“ gab. Irgendwas fehlte mir. Daher hoffte ich, dass der avisierte zweite Teil der Tour die Band vielleicht etwas näher an meine Lausitzer Heimat heranführen möge.
Und am vergangenen Freitag wurde diese Hoffnung erfüllt: Wolf Maahn & Band spielten nicht „Irgendwo in Deutschland“, sondern im „Manitu“ in Forst. Ich bin gern in diesem urwüchsigen Club, das Team um Frank Pfitzmann hat in jedem Jahr eine Menge Leckerbissen an Livemusik der verschiedensten Spielarten parat. Bühne und Publikumsraum verschmelzen beinahe, einige Sitzplätze gibt es oben auf der Galerie.
Ohne die inzwischen üblichen und lästigen Zeitverzögerungen startete Wolf pünktlich um 21 Uhr akustisch mit „Wenn der Regen kommt“ und konnte sich sofort auf textsichere Unterstützung durch sein Publikum verlassen. Die Band gesellte sich hinzu, der Funke sprang gleich mit dem ersten Song über. Das „Fieber“ hielt den ganzen Abend an, wir waren „Kleine Helden“, ließen uns „Fallen in deine Arme“, teilten die gleiche „Sucht der Träumer“, setzten die Segel für die Reise in eine „Freie Welt“, bewegten uns fröhlich im Reggaesound beim „Konkurrenztanz“ und waren hier auch der Chor bis zum letzten, um eine Viertel-Zählzeit verzögerten Ton. Ohne Eitelkeiten, ohne absurd-überflüssiges „Wo sind die Hände“ oder endlos ausufernde Ruf-Antwort-Spielchen hielt Wolf das Ruder in der Hand, und ich hatte den Eindruck, seine Band und er konnten den Abend ebenfalls genießen. Die Setliste war abweichend zum Dresden-Konzert, trotzdem habe ich einige meiner Lieblingssongs vermisst (Der Clown hat den Blues, Sterne in meinen Schuh’n, Das Ding, Homo sapiens), dafür gern auf andere verzichtet (Über uns, Treibsand) - ich kann mir gut vorstellen, dass jeder der Gäste seine eigenen Titelwünsche hat. Aber wenn ich vor meinem CD-Schrank stehe und auf die vielen WM-Veröffentlichungen schaue dann ist auch klar, dass die Auswahl der Songs für die Konzert-Setliste sicherlich jedes Mal eine echte Herausforderung ist - nicht „was spiele ich“, sondern „was lasse ich weg“... Die Mischung zwischen altbewährtem und neuen Material war ausgewogen, der Wechsel zwischen akustischen Liedern und Rocksongs passte.
Mich hat das Ensemblespiel begeistert: da war nicht der Solist mit ein paar Begleitmusikern, sondern ich erlebte ein eingespieltes Team, bei dem jeder seinen Platz hatte und auch Raum, wo er sich entfalten konnte. Volker Vaessen am Bass und Jan Wienstroer an den Drums groovten vom Allerfeinsten, Jürgen Dahmen bediente seelenruhig die Keyboards ( auch mundgeblasen im Hooters-Stil) und völlig entrückt die Percussions, Leadgitarrist Markus Winsstroer zeigte nicht nur flinke Finger oder das Glasröhrchen beim Slidespiel, sondern warf ( wie Pitti bei Renft) ab und an kleine musikalische Zitate ein ( Norvegian Wood, Shine on you crazy diamond usw. ). Und über allem Wolfs charismatische Stimme - alles druckvoll und sauber abgemischt, dazu ein unaufgeregtes Licht - und ein herrliches Miteinander von Band und Publikum. Das war genau das, was ich in Dresden vermisst hatte.
Highlights für mich waren „Schlaflos in Eden“ ( schon allein wegen der Textzeilen „Das ist schon klar - was konnten wir erwarten von unserem Luftschlösser-Ping-Pong nachts in der Küche um drei - manche noch aus Teenager-Tagen bestens konserviert - allein das Feuerwerk der Gedanken war es schon wert mit dir“), „ Kind der Sterne“ ( das 1989 durch Anne Haigis bekannt wurde und erst auf dem live-Album „Direkt ins Blut“ 2007 von Wolf selbst wieder ins Programm geholt wurde) und natürlich „ Ich wart auf dich“, das dann instrumental ganz locker und beschwingt mit Wechselbass weitergeführt wurde.
Unübertrefflich das Feuerzeug-Song-Finale mit „Wunder dieser Zeit“, das Wolf 1986 gemeinsam mit seinem Bruder Hans schrieb: „Komm, da ist mehr - ist soviel mehr - kannst du's seh'n? Kannst du's fühlen?“ - ja, da ist der Wunsch nach sooo viel mehr.
Restlos beseelt ging ich aus dem Konzert, mich erwarteten allerdings keine „Rosen im Asphalt“, sondern eine gefährlich frostig- funkelnden Straße...Glatteis... wird eine lange Fahrt nachhause...
Ich freue mich, dass es in der Zeit der austauschbaren deutschsprachigen Radiomusik noch Leute wie Wolf Maahn gibt, die immer noch Lieder mit Ohrwurmcharakter und Haltung machen, und die auch nach 30 Jahren noch aktuell und hörenswert sind. Wenn es doch dafür bloß mehr Platz im Radio und im TV gäbe!!!
Danke für diesen Abend an Wolf & die Band und an die Veranstalter - schöne Weihnachten euch allen und alles Gute für 2018 - wir sehen uns!
Tom's Daddy
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