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Vor 10 Jahren - OSTMUSIK-TREFFEN am 25. August 2007 in Elsterwerda

in Off-Topic 25.08.2017 14:55
von HH aus EE | 1.042 Beiträge | 2522 Punkte

Dieses Treffen ist heute, auf den Tag genau, zehn Jahre her und manchmal denke ich daran, was in dieser Zeit alles passiert, wer mir über den Weg gelaufen ist und was ich alles erreichen oder erleben durfte. Dafür bin ich heute sehr dankbar, voll Demut und schaue glücklich auf das Erreichte und die vielen Freundschaften zurück. Ich denke natürlich auch an Heike, die unsere kleine Runde viel zu früh verlassen musste und heute ihren 55. Geburtstag nicht in Familie und mit ihren Freunden feiern und teilen kann. DANKE allen, die mich in diesen zehn Jahren begleitet und geleitet haben:


Ostmusik -Treffen 2007 in Elsterwerda (25.08.2017)

Was geschieht während einer Internet-Unterhaltung, Chat genannt, wenn nebenbei die alten Ost-Hits in die Ohren geträufelt werden und sich bei allen gemeinsame Erinnerungen einstellen? – Eine Weile gar nichts, aber dann merkt man schnell, dass die digitalen Möglichkeiten begrenzt sind. Man spürt, dass man sich gern richtig unterhalten und sich auch persönlichen kennenlernen möchte, denn viele gemeinsame Erinnerungen brauchen Bilder, brauchen Souvenirs und Blicke in die Augen. Also spricht irgendwann irgendjemand aus, was alle empfinden, dass es nämlich gut wäre, sich einmal ganz real zu treffen. Wenn dann noch jemand sein Haus, seinen Garten und den richtigen Tag anbieten kann, ist das Unvermeidliche nicht mehr aufzuhalten. Man beschließt, einige Stunden in der Gemeinschaft zu verbringen. Dieses Treffen fand am 25. August 2007 statt. Heute, auf den Tag genau, traf man sich in Elsterwerda in einem Garten, in unserem Garten. Seitdem sind auch schon wieder zehn Jahre ins Land gezogen und in mir sprudeln plötzlich die Erinnerungen.

Es ist ein Sonnabend und die Sonne steht im Zenit. Den ganzen Vormittag über haben wir im Haus, im Garten und beim Einkaufen unser Bestes gegeben. Der Garten ist geschmückt, die Getränke sind kalt und der Grill sauber. Im Garten stehen Tische, Stühle und Schirme, die Vorfreude und die Neugier auf die noch unbekannten Gäste sind groß. Eigentlich kennen wir nur Tamara & Achim, die schon eher zu uns gekommen sind, um bei den Vorbereitungen zu helfen.

Natürlich weiß ich heute nicht mehr, wer zuerst eintraf und wie das alles im Detail abgelaufen ist. Die Anspannung war enorm hoch und sie löste sich erst nach und nach mit dem Eintreffen der Gäste. Für uns waren sie alle, bis auf Tamara & Achim, unbekannte Menschen, die ich nicht ein- oder zuordnen konnte. Genau dieses Gefühl brachten sie aber alle mit nach Elsterwerda. Kein Wunder also, dass sich die Anspannung erst beim gemeinsamen Genießen von Kaffee und Kuchen löste. In dieser Stunde am frühen Nachmittag war ich einfach nur glücklich, dass diese Gesellschaft miteinander harmonierte und Freude aneinander hatte. Wir saßen um einen großen Tisch auf der Wiese und quasselten alle munter drauflos. War man sich bisher nur virtuell im Chat „begegnet“, saßen sich heute alle von Angesicht zu Angesicht gegenüber. Da waren die beiden „City-Ladies“ Heike & Conny aus dem Berliner Großraum, von denen ich zunächst glaubte, dass sie beide schüchtern wären. Weit gefehlt, wie sich herausstellen sollte. Der „Ostmusiker“ Peter und seine damalige Frau waren aus Niesky angereist und woher Kathy, die junge Dame aus dem Dunstkreis des heutigen Herrn Falkenberg kam, weiß ich schon nicht mehr. Matti kam mit etwas Verspätung aus Görlitz nach Elsterwerda und hatte seine Gitarre im Reisgepäck. Eine gute Idee, wie der spätere Abend zeigen sollte. Ebenso völlig unbekannt waren mir diese beiden Freunde Volker & Peter, die sich „Die Sonnen“ nannten. Der eine aus Erfurt und der andere, so glaube ich zumindest, aus der Nähe von Görlitz. Aus der Nähe von Bautzen war „Kundi“ angereist, auf dessen T-Shirt der Schriftzug Berluc aufgedruckt war, wenn ich mich recht erinnere. Dass auch ein gebürtiger Ungar aus Berlin sich eingeladen fühlte, empfand ich schon damals als besonderes Glück, denn durch Laci gelangte ich zum Kreis der „Omega-Freunde“ und erhielt später die Möglichkeit zu Begegnungen, die mir ansonsten sicher verwehrt geblieben wären. Einem eilte ein ganz besonderer Ruf voraus und als „Wodka“ schließlich an der Tür klingelte, ahnte ich auch, warum. Extra für ihn hatte ich bei eBay die Armbinde ersteigert, die ihn den Abend über als einen „Ordnungshüter der FDJ“ ausweisen sollte. Als er sie überstreifte und in vollen Zügen den ersten Schluck Bier aus dem Humpen trank, ahnte ich, dass der Abend ein Volltreffer werden könnte.

Nach diesem ersten Schluck Gerstensaft nimmt der Abend am Nachmittag seinen Lauf. Alles, was man hätte planen oder vorausahnen können, ist abgehakt und vergessen. Der Zeremonienmeister ist jetzt die Spontaneität eines jeden Einzelnen und das, was sich daraus entwickeln würde. Alles beginnt mit dem verzweifelten Versuch von Heike und „Wodka“, gemeinsam ein kleines Zelt auf dem Wäscheplatz aufzubauen. Wie sich schnell herausstellt, sind „Ordnungshüter der FDJ“ nur begrenzt in der Lage, der holden Weiblichkeit nachvollziehbare Anweisungen zu vermitteln. Wir haben alle daneben gestanden, kluge Ratschläge verteilt und uns vor Lachen gebogen. Spätestens als das Zelt stand und die beiden Erbauer erschöpft darin zur Ruhe kamen, waren Humor und guter Laune keine Grenzen mehr gesetzt.

Das nahmen vor allem beide „Sonnen“ wörtlich. Rein äußerlich eher unscheinbar, sind beide aber mit einem unschlagbaren Humor ausgestattet, der zeitweilig keine anderen „Wortmeldungen“ duldete. Ich habe seitdem nie wieder zwei Laien erlebt, die derart spontan miteinander Zwerchfelle zu strapazieren vermochten. Völlig unbeachtet hatte nebenbei der Grill seine Betriebstemperatur erreicht und der Duft frischer Steaks und Bratwurst sich überall verteilt. Steak, Wurst und Kartoffelsalat auf den Tellern, das frische Bier im Glas und feinen Pàlinka aus Ungarn in Aussicht, verstrich dieser Nachmittag schnell und der Abend kam. Irgendwann hatte Matti seine Gitarre in den Händen und mit geölten Stimmen sagen wir alle, am offenen Feuer sitzend, bis in den aufkommenden Morgen hinein. Eine Nachbarin sagte mir Tage später, sie hätte uns, mit einem Glas Wein in der Hand, bis zum Morgen zugehört. Welch tolles und wundersames Ereignis in unserer kleinen Siedlung am Rande der Stadt!

Dass ausgerechnet an diesem 25. August auch der Geburtstag von Heike aus Fürstenwalde ein Anlass zum Feiern sein könnte, stellte sich irgendwann zwischen Lachsalven und Kuchen eher zufällig heraus. Ich meine, sie war es selbst, die uns damit überraschte und ich glaube mich zu erinnern, dass sie sich Tage später am Telefon für diese Geburtstagsparty bedanken wollte. Doch dafür gab es keinen Grund, denn wir alle gemeinsam waren die Akteure von Geselligkeit, Heiterkeit und der vielen beglückenden Momente. Wann der Letzte ins Bett kam und wann der Erste aufstand, ist nicht überliefert. Verbürgt ist nur, dass wir zu nächtlicher Stunde ein Gruppenfoto auf der Terrasse zustande brachten, das diese wunderschönen Stunden für die Nachwelt dokumentiert. Zwar sollte es mindestens noch zwei weitere ähnliche Zusammenkünfte, in Niesky und Elsterwerda, geben, die einmalige Magie jedoch, kam nach meinem Empfinden nie wieder zustande. Irgendwie war wohl die Spontaneität, infolge unglücklicher Umstände und unfreundlicher Aussagen, dahin und ein tiefer Riss zwischen Niesky und dem „Rest der Welt“ aufgegangen.

Der nächste Morgen erlebte ein gemeinsames Frühstück derer, die im Hause bzw. einem Hotel in der Stadt die verbliebenen Stunden geschlafen hatten. Danach verstreute sich jeder wieder in den Alltag, man traf sich eher zufällig bei Konzerten oder in anderen Gruppen, wie den Omegafreunden. Für ein paar Leute war dieser Abend der Beginn von Freundschaften, die sich bis in heutige Tage halten. Die kleine Kathy habe ich inzwischen völlig aus den Augen verloren. Mit Matti habe ich sporadisch Kontakt auf digitalen Wegen. Die beiden Sonnen scheinen zerstritten und getrennt, Volker traf ich kürzlich hier in Halberstadt. Mit Heike war ich bis zu ihrem viel zu frühen Krebstod befreundet, mit Conny bin ich es immer noch. Sie hat sich allerdings krankheitsbedingt zurückgezogen. Mit Peter, dem „Ostmusiker“ bin ich nie so richtig warm geworden, er blieb mir fremd, obgleich es auch hätte anders kommen können. Seine Ostmusik-Homepage ist an den Realitäten zerbrochen, seine Musiksendungen hat er ausgesetzt. Die Freundschaft mit Tamara und Achim, die inzwischen geheiratet haben, hält nunmehr schon länger als zehn Jahre. Wir sehen uns regelmäßig, zumindest aber im Kreise des Cäsar-Fanclubs. Mit Kundi ist über Jahre eine enge Freundschaft gewachsen und wir telefonieren oft und lange. „Wodka“, der jetzt wieder Hans genannt werden möchte, ist mir inzwischen ein Seelenverwandter. Schräge Typen wie er sind leider selten geworden, während sich die Masse in Banalitäten ergeht. Laci lebt wieder in seiner ungarischen Heimat und der Kontakt zu ihm ist leider auch abgebrochen. Schade. Ich selbst habe vor drei Jahren Elsterwerda mit Sack, Pack, Frau & Hund verlassen, bin quasi „unerreichbar“ geworden.

Die Digitalisierung der Kommunikationswege hat inzwischen zu einer Individualisierung geführt. Jeder versucht zunehmend, sich selbst zu profilieren. Die großen Diskussionsforen im Netz sind geschrumpft und inhaltlich einseitig geworden. Die Zeiten sind kurzlebiger und die Begegnungen oberflächlicher, so mein ganz persönlicher Eindruck. Spontane Zusammenkünfte, wie jene vor zehn Jahren, wird es wohl nicht mehr geben. Statt sich untereinander näher kennenzulernen, sucht man die Nähe zu Stars und Idolen, die Chancen für ein Selfie und die persönliche Bestätigung. Intensive Beschäftigung mit guter Musik, die mir stets wichtig war, ist heute nicht mehr gefragt und, gemessen am Objekt oder Produkt, auch kaum noch sinnvoll. Die Zeiten haben sich grundlegend verändert und ich mich mittendrin auch. Wir „User“ entfernen und entfremden uns immer schneller voneinander, im großen Universum, wie im kleinen Mikrokosmos unseres Lebens. Ich glaube, Rock’n’Roll war einmal genau anders gedacht, aber richtige Rockmusik, frech & dreckig, gibt es ja auch nur noch in Nischen, wenn überhaupt. Alles ist auf glatt und marktgerecht poliert, nicht mehr meins und meine Haare weigern sich standhaft, Haarwachs aufzunehmen und cool zu glänzen. Ich spiele noch ein wenig mit und nur manchmal erinnere ich mich daran, dass es auch schon einmal gesellige Zeiten ohne Konzerte, nur am Lagerfeuer, gab.

Angefügte Bilder:
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www.mein-lebensgefuehl-rockmusik.de
zuletzt bearbeitet 25.08.2017 14:57 | nach oben springen

#2

RE: Vor 10 Jahren - OSTMUSIK-TREFFEN am 25. August 2007 in Elsterwerda

in Off-Topic 25.08.2017 15:42
von Kundi | 3.250 Beiträge | 7335 Punkte

Vielleicht fand dieses Treffen damals genau zur richtigen Zeit statt. Die Digitalisierung der Welt und die Nachrichtenflut waren noch nicht so weit fortgeschritten wie heute. Meiner Meinung nach stimmte auch die Chemie bei einigen von uns, Das war auch ein Grund, dass dieser Abend in Elsterwerda als Keimzelle einiger realer Freundschaften bezeichnet werden kann. Ich bin dankbar dafür und für diese Freundschaften.

Die Zeit kann niemand zurückdrehen. Manchmal würde man das aber gerne tun. Ja, mir stinkt heute auch einiges in dieser schnelllebigen Welt. Typen wir wir, die sich noch gerne persönlich in die Augen schauen, die bestimmte Ideale haben und die Musik leben, werden wohl eines Tages den Weg der Dinosaurier nehmen und aussterben. Aber ich bin noch nicht bereit aufzugeben. Lieber Hartmut, lass uns doch noch ein wenig gegen diesen Strom der Verblödung und Oberflächlichkeit schwimmen ;-)

Gruß Kundi


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