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Kapelle SIX beim Gildefest in Quedlinburg am 1.8.2015
Kapelle SIX beim Gildefest in Quedlinburg am 1.8.2015
in Konzertberichte 2019 und älter 02.08.2015 18:57von HH aus EE • | 1.042 Beiträge | 2522 Punkte
Quedlinburg – wo die jungen Hexen SIXen 01.08.2015
Keine Frage, im Herzen bin ich noch immer ein Brandenburger. Einer, der vom Südbrandenburgischen Waldrand kommend, seinen ständigen, polizeiamtlich gemeldeten, Wohnsitz in den Harz verlegt hat, wo die Hexen tanzen. In Sichtweite zum Brocken und zur benachbarten Burg Regenstein genieße ich mein neues Leben hier und weigere mich starrsinnig, alt zu werden. Zumindest versuche ich es.
In Quedlinburg ist an diesem Wochenende Gildefest und ein helles Köpfchen hat bei der Planung an die vielen Rockmusikliebhaber gedacht. Da muss ich tatsächlich erst in diese wunderschöne Gegend ziehen, um die Nummer Eins der brandenburgischen Rock-Kapellen bei einem ihrer Konzerte erleben zu können. SIX sind eingeladen worden und sollen inmitten der Stadt, im Angesicht der vielen alten, vom Fachwerk durchzogenen Häuser, rocken. Das wollte ich mir nicht entgehen lassen, obgleich mir Stehkonzerte inzwischen ein Gräuel sind. Auch, wenn die Kulisse noch so schön ist. Zudem hatte mir ein guter Freund vor geraumer Zeit einfach mal so ein Exemplar ihres aktuellen Albums „Gebrannte Kinder“ geschenkt. Das machte mich zusätzlich neugierig. Und nun will ich endlich wissen, wie wahr die vielen Vorschußlorbeeren wirklich sind. Man hatte mich gewarnt.
Also stelle ich meine Schüttel in einer der Nebenstraßen, abseits vom Stadtkern, ab. Auf der anderen Seite wird kaum ein Parkplatz zu finden sein und die paar Meter bis zum historischen Marktplatz sind gerade noch für meine müden Knochen zu schaffen. Dort gelandet, entrichte ich dem Gildemeister die vier Euronen Wegezoll, um den Markt betreten zu dürfen. Das Kleinod aus Fachwerk und historischen Fassaden ist von – Pardon – Fress- und Saufbuden rammelvoll. Dazwischen Menschen, die sich am Angebot vergehen oder, auf Bänken sitzend, im Angesicht der Bühne warten. Der Platz vor der Rampe ist zu meinem Erstaunen noch leer. Wir sind im Harz und die jungen Hexen warten auf SIX. Von einer werde ich sogar persönlich begrüßt. Oupsala!
Unerwartet pünktlich betritt die „Spaßkapelle SIX“ die Bühne, um ihren „bunten Reigen volkstümlicher Melodien und Weisen“ zu starten. Die jungen Hexen von Quedlinburg versammeln sich vor der Bühne. Von nun an darf geSIXt werden. Zu meinem Erstaunen beginnt die Band mit „With Or Without You“, einem Cover von U2, statt mit eigenem Material. Minuten später begreife ich, warum erst einmal eine ganze Stunde lang internationale Standards im Angesicht der „Fuck-Werk-Häuser“ (O-Ton von Robert) geboten werden. Die jungen Hexen und die alten Harzer müssen erste einmal aufgewärmt und aus der Reserve gelockt werden. Noch nix mit SIXen!
Neben den Iren U2 kommen, unter anderem, Heinz-Rudolf Kunze („Dein ist mein ganzes Herz“), Billy Idol („Rebel Yell“), Andreas Bourani (“Mein Herz schlägt schneller als deins“), Purple Schulz („Verliebte Jungs“) und Rammstein („Ich will“) zu gecoverten Ehren. Fein säuberlich gespielt und gesungen, reißt mich aber nicht wirklich vom Hocker. Zu bunt ist der Melodienreigen für einen wie mich, aber bestens geeignet, das Jahrmarktpublikum beim Gildefest aus der Reserve und wiederholt hin zum Tresen zu locken. Diesen Teil der Aufgabe bewältigen die SIXer allerdings eine volle Stunde lang mit Bravour und äußerster Hingabe. Die Stimmung steigt, Hände recken sich nach oben und junge bildhübsche Hexen bewegen ihre Körper im Rhythmus der Musik. Danach sind die jungen Hexen heiß, die Gläser auf den Tischen leer und die alten Harzer wieder etwas jünger in ihren Herzen. Zumindest für diesen Augenblick. Einige gehen auch zum „Mörtsching-Dei-Sing“, um der „unterforderten Verkäuferin“, ein wenig Bargeld gegen eine CD im Tausch anzubieten.
Nach etwas Zeit für ein Bier, einen Schwatz oder, wie Herr Krähe meint, für einen Quickie, nimmt SIX jetzt ihre Fans mit auf die Reise in das eigene Universum. Darauf hatte auch ich gewartet und gleich der erste Song spricht mir aus dem Herzen. „Lass’ dich mal treiben, Alter und geh’ es ruhig an.“ Mit diesen Zeilen und treibenden Gitarren-Riffs im Simple Minds – Stil haben mich SIX sofort getroffen. Auf einmal ist der Sound kompakt und die Botschaft authentisch. Auf dem Marktplatz rocken junge Hexen mit grauhaarigen Herren um die Wette. Mit dem Titelsong des aktuellen Albums „Gebrannte Kinder“ treffen sie dann auch gleich noch die Seele derer, die hier leben: „Groß waren die Wünsche, wild die Erwartung, endlos war die Enttäuschung … wir sind Kinder, gebrannte Kinder.“ Das kann ich glühenden Herzens unterschreiben.
Wie einem roten Faden, der eigenen Dramaturgie folgend, rocken SIX danach ihren Song „Härter“ in das Zentrum Quedlinburgs: „Das Leben ist hart, wir sind härter.“ Da fühle ich mich endlich wieder dort abgeholt, wo die Danz und Gundermann aufhören mussten. In diesen Songs ist das Leben hierzulande wieder in Lyrik, statt in Texte gegossen und wie zur Bestätigung singen alle jungen Hexen diese Lyrik aus vollem Herzen mit, während ihre Füße das Pflaster unter den Füßen trotzig stampfen. Das ist toll!
Auf diese Weise rocken sich die fünf SIXer mit Frontmann STEFAN KRÄHE und dem Shouter am Bass, ROBERT GLÄSER durch ihre aktuelle Scheibe. Der ehemalige Cäsar-Drummer, JÜRGEN SCHÖTZ, setzt die Beats und Breaks akkurat wie eh und je und der „Qoten-Wessi“, FRANK ENGELMANN, peitscht und jagt die Saiten seiner Gitarre, dass ihm selbst ein Stromschlag, live auf offener Bühne, nichts anhaben kann. Das hätte auch schiefgehen können!
Zu schwüler nächtlicher Stunde wird es plötzlich „Eiskalt“, ROBERT zelebriert sein wildes „Nööö!“ und mit „XXL“ nickt der kleine Rocker in mir zustimmend. Vorn an der Rampe stehend, genieße ich es, den Musikern in die Augen und auf die Finger zu sehen. Dann wieder gehe ich ein Stück zurück durch die Reihen, um von hinten das Spiel der Farben, wie sie sich an den Häuserwänden brechen, und den satten Sound vom aufpolierten „Zeit, die nie vergeht“, ein Song von Michael Barakowski alias Perl, zu genießen. Der halbe Marktplatz rockt sich durch die Nacht und die andere Hälfte starrt von den Buden wie gebannt dorthin, wo sie die Bühne vermuten. Wieder vorn angekommen, klingt mir „Geiler isses hier“ in den Ohren und all die jungen Hexen johlen und kreischen die Zeile laut mit. Die Botschaft ist angekommen, zumindest in diesen Minuten. Außerdem ist sie ja auch wahr!
Als nach einer zweiten Pause SIX wieder auftauchen, habe ich eine Begegnung der dritten Art mit der Security hinter mir. Mein Gott, wer hatte dieser Dame in wichtiger Position nur die Freude am Leben verboten? Die kommt bei mir schlagartig wieder, als ROBERT von oben seine Fragen ins Publikum ruft und die da unten, die richtigen Antworten lauthals zurückgeben: „Warum seid ihr hier? – „Bier! Bier! Bier!“.
Die Stunde vor Mitternacht ist Partyzeit. Von der Bühne donnert SIX noch einmal Rammstein mit „Du hast“ und JÜRGEN SCHÖTZ lässt die Donnerschläge seines Schlagzeug-Solos folgen. Es ist beinahe die gleiche Art, wie ich sie auch schon bei CÄSAR & die Spieler BigBand erlebt durfte. Vorn an der Rampe dreschen ROBERT, FRANK und der Keyboarder ANDREAS GIERSCH wie wild auf die Felle im gleichen Takt und Rhythmus. Diese Wucht ist immer noch ein tolles Erlebnis und lässt mich für Sekunden jener Jahre mit Cäsar mit leichter Wehmut gedenken.
Die Stimmung hat längst ihren Höhepunkt erreicht. Die Security-Lady ist jetzt müde, die Einwohner in den Häusern vielleicht ein wenig verzweifelt, aber das Volk der jungen Hexen ist heiß. So heiß, das sie alle voller Inbrunst in den Chorus von „Doch du willst immer nur (ficken)“ einsteigen. Kräftig, laut und ein wenig süffisant obszön – na und? Die Dinge sind, wie sie sind und sie haben eine Bezeichnung, die jeder im Volk versteht. Und „vergewohlwurschteln“ reimt sich einfach nicht. Dazu reicht uns die Band „Griechischen Wein“ und ein wenig „Aloha Heja He“ frei nach Achim Reichel. Nach dem Abgesang der Hosen-Hymne „An Tagen wie diesen“ stelle ich fest, dass ich ja tatsächlich bis zum Schluss geblieben bin. Während der beiden Zugaben (Wiederholungen) programmiere ich meine Füße, nach reichlichen fünf Stunden Stehen, sehr vorsichtig wieder auf Bewegung. Nur gut, dass HH jetzt nicht drei Stunden nach EE fahren muss!
Auf dem Markt von Quedlinburg herrscht ausgelassene Stimmung. Das Bier fließt noch reichlich und die Nacht ist lauwarm. Ich habe mit den jungen Hexen geSIXt und dabei vor allem die neuen eigenen Lieder der Kapelle SIX bestaunt. Die klingen live noch ruppiger, noch stärker, als aus der Konserve. Eingerahmt von zwei Stunden gut ausgewählten „Volksweisen“, erklangen sie auf dem gut gefüllten Marktplatz der Stadt. Ich hatte eine heiße erste Nachthälfte beim SIXer-Pack. Die zweite Hälfte werde ich schlafend verbringen. Meine SIX-Premiere liegt hinter mir.
Als ROCKHAUS 1981 die Arena betraten, kündigten sie an, die PUHDYS ablösen zu wollen. Das könnte SIX nun gelingen. Der Stern der Veteranen sinkt, man rüstet zum Finale, und der Stern von SIX blüht gerade auf. Die Band hat eine richtige Rock-Röhre am Mikro, am Bass einen Shouter mit Sinn für das Feine und einen wilden Derwisch an der Gitarre. Die Lyrik von SIX holt erstaunlich viele junge Leute direkt im eigenen Denken und Fühlen ab. Das hat mich überrascht, aber auch zuversichtlich gestimmt. Die Ablösung steht nicht in den Starlöchern, sie rockt schon längst ihre eigene Generation. Wie sang doch gleich der andere Robert? – Die Zeiten ändern sich („The Times They Are A-Changing“)!
www.mein-lebensgefuehl-rockmusik.de
RE: Kapelle SIX beim Gildefest in Quedlinburg am 1.8.2015
in Konzertberichte 2019 und älter 02.08.2015 19:17von HH aus EE • | 1.042 Beiträge | 2522 Punkte
Genau so bin ich mir inmitten des vielen jungen weiblichen Gemüse auch vorgekommen und ob ich mir darauf was einbilden will, muss ich auch erst noch rauskriegen .
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RE: Kapelle SIX beim Gildefest in Quedlinburg am 1.8.2015
in Konzertberichte 2019 und älter 02.08.2015 19:22von PMausM • | 1.820 Beiträge | 3861 Punkte
Sieh es positiv, so viele hübsche Mädels wie bei Six siehst du sonst nie auf einem Haufen *g*. Aber wirklich, als ich Six in Gornsdorf besucht habe, hat mir vorher keiner gesagt, wie jung das Publikum ist und ich musste meine Jacke mit Kapuze anziehen, damit ich nicht so auffalle als rüstige Seniorin. Wenn sie ihre eigenen tolle Titel spielen, ist es mir eigentlich egal, wie alt ich bin. Mit den Partysachen habe ich schon eher Probleme, da fühle ich mich eher fehl am Platze.
RE: Kapelle SIX beim Gildefest in Quedlinburg am 1.8.2015
in Konzertberichte 2019 und älter 03.08.2015 06:53von Anke68 • | 302 Beiträge | 699 Punkte
Ein toller, anschaulicher Bericht, der sich mit meinen Eindrücken deckt. Auch ich hätte ja lieber mehr von den eigenen SIX-Titeln gehört. Aber bei solchen Festen ist es wohl normal und auch irgendwo verständlich, dass da zum großen Teil auf Party-Songs gesetzt wird, die die meisten kennen. Aber auch so hatte SIX mich gleich überzeugt und ich möchte mehr davon.
RE: Kapelle SIX beim Gildefest in Quedlinburg am 1.8.2015
in Konzertberichte 2019 und älter 03.08.2015 17:36von Drachenuli • | 1.023 Beiträge | 2222 Punkte
Zitat von PMausM im Beitrag #4
Sieh es positiv, so viele hübsche Mädels wie bei Six siehst du sonst nie auf einem Haufen *g*.
Da muss ich wiedersprechen, bei Mister Twist oder den Firebirds sind definitiv mehr junge, und mehr mit tollen Klamotten Mädels.
Spass beiseite, ich werde am Samstag erstmaligst SIX besuchen, zum Goitzschefest auf der Halbinsel Pouch
Da spielen Sie vor Karat, die bis Mitternacht auf der Bühne stehen, danach Feuerwerk, für nen 10 er pro Nase.
RE: Kapelle SIX beim Gildefest in Quedlinburg am 1.8.2015
in Konzertberichte 2019 und älter 24.08.2015 21:01von Fällsäge • | 732 Beiträge | 1578 Punkte
Vielleicht bin ich ja nicht ganz unschuldig, das Hartmut beim Six Konzert gelandet ist.
Wenn ich seinen Bericht lese , habe ich nicht den Eindruck, dass Hartmut der Teufel geritten haben muß, bei den jungen Hexen zu verweilen.
Mir gefallen auch die eigenen Songs von Six am Besten, vobei man sagen muß, dass sie mit ihren Coverversionen eine breite Masse ansprechen.
Mittlerweile sind sie ja so vielseitig, das Abwechslung immer geboten ist,, ob Gebrannte Kinder Tour, ob Klassik,og Akkustik, Six hat vielzu bieten.
Aber sag mal Hartmut, was hattest du für ein Erlebnis der besonderen Art mit der Tante von der Security ?
Solltest du in den Turm gesperrt werden, bei Wasser, Brot und Volksmusik?
Das würde mich mal interessieren.
RE: Kapelle SIX beim Gildefest in Quedlinburg am 1.8.2015
in Konzertberichte 2019 und älter 28.08.2015 20:09von Drachenuli • | 1.023 Beiträge | 2222 Punkte
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