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TRANSIT am 09.03.13 im Chill out des TIVOLI Freiberg

in Konzertberichte 2019 und älter 29.04.2013 08:00
von Kundi | 3.250 Beiträge | 7335 Punkte

Am 09.März war es mal wieder Zeit der Berg-, Universitäts- und PUHDYS-Stadt Freiberg einen Besuch abzustatten. Im altehrwürdigen Tivoli fand nämlich eine Ü 50-Party statt. Nun sind mir solche Ü 18-, Ü 20-, Ü 25-, Ü 30-, Ü 40-, Ü 50-Partys( gibt es eigentlich auch schon Ü60- und Ü-70 Partys?) eigentlich schnurzegal. Damit kann man mich nicht hinter dem Ofen vorlocken, aber wenn im Rahmen dieser Veranstaltung die Gruppe Transit auftritt und das auch nur ungefähr 100 Kilometer vom heimischen Heizkörper entfernt, dann sieht die Sache schon ganz anders aus. Da bewegt sich der Kundi schon mal ganz flink auf der Autobahn Richtung Freiberg und hat dabei auch gar keine Gewissensbisse oder Berührungsängste.

Man kann ohne Übertreibung sagen, dass das Konzert- und Ballhaus Tivoli ein geschichtsträchtiges und bedeutendes Bauwerk ist. Wenn die Steine des Tivoli reden könnten, würden sie uns sicher viel erzählen. Bis ins Jahr 1766 lässt sich die Geschichte des Hauses zurückverfolgen. Damals stand hier eine kleine Schankwirtschaft. Mehrmals wechselten die Besitzer. Es folgten Neu-, Um- und Erweiterungsbauten. Der Name TIVOLI wurde erstmals offiziell am 24. Mai 1868 in einer Anzeige erwähnt. Am 05. Dezember 1900 brannte der Gebäudekomplex zum Teil ab. Der Besitzer Emil Emmerich baute nun das "neue Concert- und Balletablissement Tivoli", welches am 08. März 1902 mit einem großen Orchesterkonzert eingeweiht wurde. Der bisherige Pächter Max Reichardt Frohberg erwirbt schließlich das TIVOLI nach dem Neubau Die Geschicke des Hauses wurden fast 5 Jahrzehnte erfolgreich von der Familie Frohberg gelenkt. Das TIVOLI entwickelte sich zu einem beliebten und weit über die Stadtgrenzen Freibergs hinaus bekannten Musentempel. Die Stars ihrer Zeit gaben sich gaben sich dort die Klinke in die Hand. 1939 spielten einige ex-Mitglieder der weltberühmten Comedian Harmonists unter dem Namen Meistersinger-Sextett hier. Die Comedian Harmonists wurden ja von der unmenschlichen Nazi-Diktatur verboten, da 3 Mitglieder des Ensembles jüdische Mitmenschen waren und auch ein großer Teil des Repertoires von jüdischen Komponisten stammte.

Das Tivoli hatte von 1935 bis 1955 sogar ein eigenes Tanzorchester. Als der Besitzer 1953 in den Westen flüchtete, wurde das Haus Volkseigentum und etwas später wurde es Kreiskulturhaus. In den 60er Jahren gastierten Rundfunk- und Fernsehstars wie Heinz, der Quermann, Manne Krug oder Herbert Roth hier.

Für viele Leute unserer Generation erlangte das TIVOLI Berühmtheit als erster Auftrittsort der PUHDYS. Das war am 19.November 1969 und niemand ahnte damals, dass diese Nachspiel-Kapelle mal eine einzigartige Erfolgsgeschichte aufweisen würde. Rund 35 Langrillen (inklusive Live-Scheiben, Raritäten und Best of’s) sowie 5 DVD’s haben sie seit 1974 veröffentlicht. Es gibt Bücher über die Band und sogar in den Schulunterricht haben Lieder der PUHDYS Einzug gehalten. Ca. 20 Millionen verkaufte Tonträger und unzählige Konzerte sprechen auch eine recht eindeutige Sprache. Das kann und soll niemand so einfach wegwischen, auch wenn man die PUHDYS vielleicht nicht mag. Das soll es ja auch vereinzelt geben *g*;-). 20 Millionen Scheiben, das muss man sich mal auf der Zunge zergehen lassen und dann schauen, was Grönemeyer, Westernhagen und Co. bisher verkauft haben. Die PUHDYS, das Tivoli und die Fans haben bis jetzt schon gemeinsam Geschichte geschrieben und ein Ende ist bisher nicht abzusehen. Vor wenigen Wochen feierten die „alten Herren“ mit ihren Fans an diesem Ort ihren 43. Bandgeburtstag und die Karten für den 44. sind auch schon in den Verkauf gelangt.

1990 wurde das Tivoli an die Erben des Alteigentümers übertragen, diese verkauften das Haus. Im Jahr 2002 mussten die damaligen Eigentümer einen Insolvenzantrag stellen, doch das Haus wurde gerettet und wird seitdem von der Tivoli Betriebs GmbH geführt.

Im Tivoli gibt es Wände, die mit Fotos der Künstler bedeckt sind, die in den letzten Jahren hier aufgetreten sind. Gerhard Gundermann, Die Toten Hosen, Rammstein, Uriah Heep, Slade, WunderbunTd, Renft, Vicki Vomit und viele andere haben hier schon gerockt und tausende Menschen verlebten im Tivoli schöne Stunden. Auch ich besuche mehrmals im Jahr hier Konzerte. Dieser kurze geschichtliche Einwurf musste einfach sein, denn diese Gedankensprünge hatte ich auch als ich an diesem Abend vor dem Tivoli stand ;-).

Also im Tivoli war Ü 50-Party. Die Eintrittstickets kosteten übrigens im VVK 7 und an der Abendkasse 10 Euro. Im Saal konnte man sich dann zu Diskoklängen drehen. Wer auf die Livemusik von TRANSIT stand, ging einfach eine Treppe höher ins ca. 150 Leute fassende Chill out. Irgendwie mag ich diesen Raum. Er sieht mit den unverputzten Wänden zwar ein wenig so aus wie eine halbfertige Baustelle, aber durch die Bar, die Bühne, die Sitzgelegenheiten am Rand und ein paar brennende Kerzen entfaltet das Chill out dann doch seinen ganz eigenen Charme.

Der Raum war anfangs sehr spärlich besucht. Dabei war die Bühne schon sehr schön vorbereitet. Die Instrumente waren aufgebaut, das große Transit-Banner hing an der Wand und blau leuchtende Lichtschläuche erzeugten eine ruhige, entspannende Atmosphäre.
Trotzdem sehnte ich den Beginn des Konzertes herbei, denn dieses Kribbeln, das mich vor jeder Mugge befällt, macht mich noch mal wahnsinnig. Als der alte Fahrensmann Egon und seine Mannschaft endlich die Bühne enterten, wurde ich von der Kribbelei als Ausdruck der Vorfreude und einer unbestimmbaren Angespanntheit erlöst. Es ging gleich rockig los mit „Back Again“, der musikalischen Kurzfassung von Transit gestern- heute- morgen. Das gesamte Programm war wieder gut gemischt. Alte Hits, Lieder von den beiden neuzeitlichen CD’s und auch ganz neue Songs fanden sich in der Setlist wieder. Dabei sind natürlich alle Fans auf ihre Kosten gekommen.

Transit und an der Spitze natürlich Frontmann Egon Linde verkörpern für mich zeitlos schöne, handgemachte und ehrliche Rockmusik. Egon’s Stimme und sein von Ideenreichtum geprägtes Gitarrenspiel sind sicher unverkennbar. Natürlich werden jetzt einige wieder an den Lindenberg-Vergleich denken, na und? Natürlich könnten zum Beispiel „Der Junge sitzt am Ufer“ oder „Ein Mädchen wie du“ auch gut zum im Gronau geborenen Udo Lindenberg passen. Natürlich spielt der berühmte Hutträger in der Geschichte der Band Transit auch eine wichtige Rolle. Das wissen wir doch alle. Ich finde das aber nicht schlimm, denn ich mag sowohl den echten Lindenberg als auch den echten Linde. Da fange ich gleich wieder zu träumen an: das wäre doch mal ein einmaliges Konzert, Udo Lindenberg singt Transit und Transit-Egon singt Lindenberg. Ich würde das sehr spannend finden.

Diese Ü 50-Party im Tivoli hatte den erstaunlichen Nebeneffekt, dass aus dem großen Saal immer mehr Leute hoch ins Chill out kamen, um mal mit eigenen Ohren zu hören, was denn die Band dort für Musik macht. Mich hat’s gefreut und die Musiker waren sicher auch nicht böse darüber.

Transit hat neuerdings wieder einen Bassisten in ihren Reihen und in Freiberg konnten wir Sachsen ihn erstmals mit dieser Band erleben. Aber der Mann ist für uns kein Unbekannter. Zuletzt hatten wir ihn im Jahr 2011 mit Berluc erlebt. Es ist Uwe Karsten, den man auch schon als Urgestein der ostdeutschen Musikszene bezeichnen kann. Bekannte Wegstationen sind Berluc, Gruppe Wir, Tesch & Co. sowie Michael Barakowski und Freunde. Seit 1990 spielt er außerdem bei der Berliner Party-Band Ageless, die ganz starke Ostrockwurzeln (Smokings RockshowBrakowski & Freunde) hat. AlexanderKirfe, Karsten Lipsius und Michael Otter sind dort seine Mitstreiter. Uwe Karsten bereichert Transit nicht nur mit seinem Spiel auf der Bassgitarre, sondern auch als Backroundsänger. Wer weiß, vielleicht erleben wir ihn bei dieser Band irgendwann auch mal am Saxophon. Uwe kann nämlich auch dieses Instrument spielen Bei Transit spielten ja zu Anfangszeiten in den 70er Jahren mit Sdravko Kunev und Frank Schönfeld auch Saxophonisten.

Tastenmann Eghard „Egge“ Schumann hatte in Freiberg übrigens ein echtes Heimspiel. Er wurde in der Stadt geboren, hat hier auch Klavier- und Musikunterricht gehabt und verdiente sich seine ersten Sporen bei der Freiberger Band. Später war er unter anderem bei Scirocco und Tesch & Co. 12 Jahre Stern Combo Meißen kann Egge sich ebenfalls auf die Fahne schreiben. Außerdem spielt er noch in der Petra Zieger-Band. Der Herr Schumann hatte im Chill out wieder das große Tasten-Besteck (3 Keyboards) aufgebaut und damit sorgte er für einen fetten Sound. Die harmonisch-melodischen Klavier-Klänge wie bei „Ein Mädchen wie du“, Effekte wie der aufkommende Sturm bei „Sturmflut“ oder die bedrohlich klingenden Keyboard-Töne bei „Burn out“ sind für mich die sprichwörtlichen i-Tüpfelchen der Transit-Lieder. Egge spielte den ganzen Abend völlig unaufgeregt und mit sichtbarer Freude.

Schlagzeuger Hans-Jürgen Beier ist auch ein „alter Hase“ im Musikgeschäft. Er spielte unter anderem 8 Jahre bei der Coverband Virus und er ist seit Jahren ein gefragter Studiomusiker. Mit seinem eigenen Projekt Jürgen Beiers Blues & Session Band ist er gelegentlich auch noch unterwegs. In Freiberg stellte er wieder seine Zuverlässigkeit als Rhythmus-Fundament-Erbauer unter Beweis. Hans-Jürgen trommelte seine Parts grundsolide und dynamisch. Er baute den notwendigen Druck präzise wie ein Uhrwerk auf. Immerhin trommelt er nun auch schon das dritte Jahr bei Transit. In der Zeit erlebte er bei der Band 3 Bassisten, das heißt die Rhythmus-Gruppe aus Schlagzeug und Bass unterlag einigen Veränderungen, denn jeder Basser spielt etwas anders.

Bei Transit kann man als Konzertbesucher noch ehrliche Spielfreude und erleben Das war auch im Tivoli deutlich zu sehen und zu fühlen. Bei der Band wirkt nichts aufgesetzt. Da gibt es keine einstudierten Bewegungsabläufe, Gesten oder gar Ansagen. Die Jungs sind sowohl auf als auch neben der Bühne ganz natürlich. Ich habe immer den Eindruck, als wenn das alte Kumpels von mir wären, die rein zufällig auch noch Musik machen. Das Publikum im Chill out mehrte sich während der Mugge beständig. Manche wollten nur kurz mal linsen, was die Band in diesem Raum so treibt. Letztendlich sind sie dann geblieben und haben sich das Konzert bis zum Ende angesehen. Nach der Paus folgten zunächst die Transit-Klassiker aus der Abteilung Sagen, Mythen und Legenden („Bernsteinhexe“, „Jona“„Hildebrandslied“).
Dieses Konzept aus Ü 50-Party mit Konservenmusik im Saal und Livemusik im Chill out ist schon eine tolle Geschichte. Das hat vor 1,5 Jahren an gleicher Stelle zur Ü 30-Party auch schon hervorragend miteinander harmoniert. Auch da hieß die Band Transit.

Neben einigen Liedern von den Alben Transit „Übers Meer“ und „Transit durchs Leben“ spielte die Band auch zwei ganz neue Stücke, die „Meeressehnsucht“ und „Meeresheimat( im Zugabenteil) hießen. Natürlich durfte ein Lied nicht fehlen und als Egge Schumann die Tasten anschlug, sah ich in vielen Augen sofort ein Leuchten der Erinnerung. „Ein Mädchen wie du“ war und ist eine der schönsten Balladen des Ostens. Dieses melancholische Lied von der verpassten Chance ist einfach ein Evergreen mit dem viele Leute auch ganz persönliche Erinnerungen verbinden. Für dieses Lied gab es dann auch ganz besonders viel Beifall und begeisterte Pfiffe. Die Musiker ließen sich nicht lange bitten und legten noch eine ca. 20 minütige musikalische Ehrenrunde hin. Manche nennen das schlicht und einfach auch Zugaben. Rund 2,5 Stunden hatte die Band insgesamt gespielt und es war der erwartet schöne Abend. Selbstverständlich war das nicht mein letztes Transit-Konzert

Gruß Kundi

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zuletzt bearbeitet 29.04.2013 08:08 | nach oben springen

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RE: TRANSIT am 09.03.13 im Chill out des TIVOLI Freiberg

in Konzertberichte 2019 und älter 29.04.2013 19:53
von Tina mit Hut | 329 Beiträge | 742 Punkte

TRANSIT in Freiberg, da musst ich nachtürlich auch hin, ich hatte nur etwas bedenken ob ich überhaupt rein komme zur Ü50 Party
Hier ein paar Fotos von einem schönem Abend

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