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TRANSIT 13.10.12 khg Dresden oder mit Kundi ging die Phantasie durch

in Konzertberichte 2019 und älter 08.11.2013 12:22
von Kundi | 3.250 Beiträge | 7335 Punkte

Heiliger Klabautermann! Ich und meine große Schnauze! Da stehen wir am Sonnabend in Kunsthof beisammen und tauschen uns aus, wer denn einen kleinen Bericht über die Mugge schreiben wird. Mach ich schon, sagte ich als Kavalier alter Schule zu den Damen, ist überhaupt kein Problem. Aber wenn man öfter über eine Band schreibt, ist das gar nicht so einfach, sich nicht zu wiederholen und keinen billigen Abklatsch zu schreiben. Schließlich war das auch mein 3. Transit-Konzert innerhalb eines Monats. Nun habe ich ein paar Tage hin und her überlegt, wie ich aus dieser Misere rauskomme. Ich versuche es jetzt einfach mal und dazu klamüsern wir mal meine Gedanken und das erlebte Konzert etwas auseinander.

Nicht die Flaschenpost, sondern das Internet verrät uns heutzutage die wichtigen Termine und dieses verkündete auf mehreren Kanälen schon längere Zeit, dass Transit am 13.10.12 im Dresden spielen würde und zwar Klock 8 , aber nicht achtern Strom ;-). Der schöne Kunsthof Gohlis war das Ziel. Achtern des Hofes gibt es übrigens auch eine reale Verbindung zum Meer, nämlich die Elbe. Ups….das verleitet mich jetzt aber wieder in die maritime Richtung bzw. dem, was ich alte Landratte mir darunter vorstelle. Mit etwas Glück kommt vielleicht sogar ein leidlich brauchbarer Bericht heraus. Dabei war ich nie ein Marinierter und habe doch schon Probleme mit einfachsten Begriffen wie Backbord und Steuerbord. Was davon ist nun links und was rechts? Ohne eine kleine Eselsbrücke geht da bei mir gar nichts. Obwohl ich ein paar Mal in meinem Leben mit einem Weckruf der Marine morgens aus dem Bett getrieben wurde bin und bleibe ich Landratte. Das Wecken klang übrigens nach seltsamen Tönen auf der Bootsmannspfeife in etwa so:
„Reise, Reise,
kommt hoch nach alter Seemannsweise!
Ein jeder weckt den Nebenmann,
der letzte stößt sich selber an!“.
Aber das ist wieder eine ganz andere Geschichte.

Gohlis zählt zwar zur Stadt Dresden, aber man ist dort meilenweit von der Hektik der Großstadt entfernt und in der dörflichen Idylle kommt man sich fast wie auf einer Insel vor. Der Lärm und die Unrast der Stadt, die Pflichten und Probleme unseres Alltages bleiben für ein paar Stunden weit, weit zurück. Inmitten dieser Insel liegt der beliebte Kunsthof Gohlis, der eine Wohlfühloase für Fans von Kunst und Kultur ist, die gemeinsam mit gleichgesinnten Zeitgenossen in ungezwungener Atmosphäre und fast familiären Rahmen zu neuen kulturellen Ufern aufbrechen und ihren geistigen Horizont erweitern wollen, oder die ganz einfach mal wieder bereits bekannte und beliebte Strände besuchen wollen.

Das Musikschiff (MS) Transit legte also an der Hafenbar (in unserem Fall der Kunsthof Gohlis) an und ging dort für einen Abend vor Anker, um mit den anwesenden Passagieren einen Törn auf dem Meer der (Rock-)Musik zu unternehmen. Einige Mitglieder dieses Forums segeln ja ganz gerne mal im Kielwasser von Transit und auch ich folge den Spuren von Skipper Egon Linde und seiner musikalischen Crew immer wieder gerne. Übrigens ist Egon wirklich ein echter Fahrensmann. Er ist Bootseigner und er hat auch ordnungsgemäß die entsprechend notwendigen Berechtigungsscheine und Befähigungsnachweise erworben. Er hat mit seiner hochseetauglichen Segelyacht die Meere bereist und außerdem hat Egon sogar bei Schiffsüberführungen mitgewirkt. Momentan ist die Segelei aber etwas im Hintergrund, da Egon mit seiner Firma (Wintergärten und Bauelemente) und mit der Musik ordentlich ausgelastet ist.

Kommen wir zurück zur Hafenbar von Siggi und Uwe Bevor man die Gasträume erreicht, muss man erstmal den Hof überqueren, welcher reichlich mit Bäumen, Sträuchern und Stauden begrünt ist. Diese Ansammlung von Grünpflanzen ist der reinste Dschungel und mit etwas Phantasie sind wir für ein paar Schritte nicht in Gohlis, sondern auf einer Expedition oder auf einem Ausflug von Inselurlaubern. Eine ganz leichte Brise streicht über die im Dunkel liegenden Pflanzen. Das Laub raschelt leise und singt das Lied des rauschenden Meeres. Ich glaube, jetzt muss ich aufhören, sonst fange ich hier noch an Seemannsgarn zu spinnen.

Schiff ahoi! Die Besatzung der MS Transit hatte Backbord auf dem kleinen Sonnendeck (wir Landratten nennen diesen Bereich auch Bühne) schon alles vorbereitet für den musikalischen Törn und palaverte mit dem Skipper noch über ein paar Einzelheiten.
Na gut, Backbord war es auch nicht uninteressant, denn dort war die Bar für die Badegäste und der Durchgang zur Kombüse, Neben allerlei Buddeln mit Hochprozentigen konnte man dort auch leckeren Gerstensaft ordern. Übrigens war das Bier natürlich gut temperiert. Der alte Seemannsspruch „Warmes Bier der Smutje reicht, kielholt ihn die Crew sogleich“ kam also nicht zur Anwendung.

Klock 8 hieß es dann „Pfeifen und Lunten aus!“, „Leinen los!“ und wir liefen aus auf den musikalischen Ozean. Im Logbuch wurde für diesen Törn folgende Besatzung notiert:
Egon Linde (Gitarre, Gesang)
Hans-Jürgen Beier (Schlagzeug)
Egge Schumann (Keyboards).
Die Technik und der Souvenirstand lagen wieder in den bewährten Händen der Familie Kulas.

Übrigens trug Egon Linde nicht nur ein T-Shirt mit der Aufschrift Skipper als Zeichen seiner Kapitänswürde, sondern er legte ebenso den Kurs der Reise fest und er gab den Mitreisenden auch umfangreiche Informationen über die Stationen des Törns. Statt mit dem Kompass bestimmte er mit der Setlist die Wegpunkte der Reise. „Back Again“ war der erste Titel, denn ich nach über 20 Jahren Liveabstinenz von Transit in einem Konzert gehört habe. Nachdem ich dachte, dass Transit leider längst aus dem „Schiffsregister“ gestrichen wäre, meldete sich die Band genau mit diesem Lied als Opener am 12. Juni 2009 in Berlin auf der Parkbühne Biesdorf vom Trockendock zurück. Seit diesem Tag steht der Titel am Anfang jeder Transit-Mugge. Bei dieser treibenden Rocknummer kann man gleich gemeinsam mit der Crew volle Fahrt aufnehmen. Transit segelt nämlich auch in der Neuzeit nicht unter einer nostalgischen Billigflagge, sondern am Mast weht nach wie vor die Fahne deutscher Rockmusik feinster Sorte. Als Musikliebhaber bekommt man bei Transit die volle Breitseite in einer gut ausgewogenen Mischung aus alten und neuen Songs.

Wie einst der Likedeeler Klaus Störtebecker teilen Egon Linde und seine Männer ihre (musikalischen) Schätze mit uns armen, nach ehrlicher, handgemachter Mugge hungernden Seelen. „Heinrich, der Kneiper“, „Rock'n Roll Zigeuner“, „Ein Musiker“ waren die nächsten Perlen, die nicht mit Gold aufzuwiegen sind. Egon markante Gesangsstimme war und ist eines der besonderen Erkennungszeichen der Band, genauso wie seine Art Gitarre zu spielen. Seine Klampfe ist wie Wachs in seinen Händen und sie zerfließt förmlich durch die Kunst des Meisters zu warmen, unverwechselbaren Tönen. Es hatte halt nicht nur Nachteile, dass Musiker in der DDR eine solide Ausbildung absolvieren mussten, wenn sie ihre Pappe (Spielerlaubnis) bekommen wollten. Das ist bei Seeleuten ja ähnlich, da geht auch nichts ohne die entsprechenden Patente. Linde spielte schon in den sechziger Jahren bei der Combo von Evgeni Kantschev. Beinharten PUHDYS-Fans dürfte der Name dieser Band etwas sagen, denn dort griff auch „Maschine“ Dieter Birr zeitweise in die Saiten. Maschine war Egons Nachfolger, als dieser zu einer anderen Band wechselte.

Transit zeigte sich im Kunsthof Gohlis wieder allerbester Spiellaune und sie bedienten sich in den verschiedenen thematischen Schubladen ihrer eigenen Schatzkiste. Es gab also Lieder von Menschen, Meer und natürlich auch die Songs aus der Abteilung Sagen, Mythen und Legenden. Dabei spannten die Musiker den Bogen von den 70er Jahren bis in die heutige Zeit.
Transit wurde schließlich schon Ende 1973 von Egon Linde und Siggi Scholz auf Kiel gelegt, vom Stapel gelassen und in Dienst gestellt. Die Taufe auf den Namen Transit geht auf den ursprünglichen Bandnamen von Chicago(Chicago Transit Authority) zurück. Chicago musste sich ja nach der ersten LP umbenennen, da eine große Verkehrsgesellschaft ( Busse und U-Bahn ) diesen Namen schon für sich beanspruchte. Zu Anfangszeiten spielten die Männer um Egon Linde live noch solche Bands wie Blood, Sweet & Tears und Chicago nach. Glücklicherweise entschieden sie sich aber dann recht schnell eigene Musik zu machen.

Jedes Schiff wird von einer starken Kraft angetrieben, entweder vom Wind oder von einem starken Motor. Bei der Livemusik von Transit ist Hans-Jürgen Beier mit seinem Schlagzeugspiel diese treibende Kraft. Präzise wie ein Uhrwerk gab er den richtigen Takt vor und er lieferte genau die Energie, die die Lieder brauchten. Tastenmann Eghard „Egge“ Schumann hatte auch alle Hände voll zu tun. Bei einigen Liedern übernahm er die Melodieführung, andere Songs hüllte er in einem unaufdringlichen Teppich ein und auch tiefe bassartige Töne zauberte er aus seinen beiden Keyboards.

Nach rund 3 Stunden mit einer kurzen Ankerpause (die Passagiere wollten ja auch mal ihre Getränkevorräte ergänzen) lief das Transit-Schiff wieder im Kunsthof-Hafen ein. Voller schöner Eindrücke und mit etwas Wehmut gingen wir dann von Bord. Es war für dieses Jahr leider schon mein bzw. unser letzter Törn mit dem Skipper Egon und seiner Crew. Hiermit bitte ich den Käpt’n aber schon mal vorsorglich für das Jahr 2013 um die Erlaubnis, (gelegentlich) an Bord kommen zu dürfen.

Gruß Kundi

Angefügte Bilder:
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zuletzt bearbeitet 08.11.2013 12:28 | nach oben springen


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